09.10.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{27} Die Schafe, der Schafhirte und der Dieb der Schafe (Joh. 10,1-21
Diesem tut der Türhüter auf, und die Schafe hören auf seine Stimme, und er ruft seine eigenen Schafe beim Namen und führt sie heraus. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 10,3 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Joh. 10,3 lässt sich nicht nur so übersetzen, dass der ideale Hirte die Namen seiner Schafe ruft, sondern dass er denen, die seine Stimme hören seinen eigenen Namen bekannt macht, der allein rettet :Joh. 1,12; 1.Joh. 5,13; Joh. 20,31; Joh. 17,26; Apg. 2,21; Apg. 4,10+12; Phil. 2,9-11:.
Es stimmt aber auch, dass der Herr die Namen seiner Schafe kennt und sie laut ausruft, denn Jesus rief z. B. sein „Schaf“ Lazarus beim Namen, als er ihn aus dem Tod erweckte, oder in Joh. 21,2 werden die Namen der Jünger explizit angeführt, denen sich Jesus als der Auferstandene offenbarte.
Jedoch führt er nur solche, die seinen Namen „Jesus Christus“ in Empfang nehmen, die also Jesus als denjenigen bekennen, der im Namen Gottes kommt, aus dem Autoritätsbereich der gesetzlichen mosaischen Jünger hinaus, denn allein sie nehmen seine Gnadenstimme wahr. Nur sie gehen hinter ihm her und verlassen den Einflussbereich der kosmischen Pharisäer.
Die Lohnarbeiter und ihre Sklaven verbleiben hingegen im finsteren Bereich des Todes. Sie hören die große Stimme des Hirten nicht, die seine Freunde aus der „Gruft“ zum Lebenslicht hinausruft.
Die Verspaare Joh. 10,3*Joh. 11,43 und Joh. 10,3*Joh. 12,17 identifizieren den Hof, in dem sich die Schafe Jesu befinden, d. h. die Weihestätte des Jerusalem-Kosmos, mit der finsteren Gruft, aus der der Herr sein „Schaf“ Lazarus herausrief.
Joh. 10,3+4+16*Joh. 18,1+2 zeigt, dass die Schafe Jesu in einem Ort zusammengeführt werden, der draußen, jenseits des Jerusalemer Tempelberges liegt, sodass hierin ebenfalls bestätigt wird, dass man als ein Nachfolger Jesu den „Hof“ der kosmischen Vertreter des Gesetzes zu verlassen hat.
Die Diener Babylons werden nicht aus dem Tod hinausgeführt; Jesus schenkt ihnen keine geistliche Auferstehung zum Leben, denn die zu ihnen kommenden Diebe und Banditen verschließen ihnen die wesenhafte Tür (Jesus) zum Licht des Gott-Vaters.
Diese räuberischen blinden Blindenführer hören zwar die Stimme Gottes, begreifen aber nicht, was sie sagt. Sie sind keine „Türseher“ des Christus, sondern Wegbereiter und Mittler des Antichristus, der in seinem eigenen Namen kommen wird.
Ebenso wie die unwissende Menge verstehen sie die aus dem Himmel kommende, den Sohn verherrlichende Stimme des Vaters nicht.
Nicht nur, dass ihnen diese Lehre Gottes fremd ist, sie erheben ihre eigene Stimme und lassen die Schafe Jesu ihren falschen und fälschenden Ruf zum Pseudolicht der Finsternis hören.
Für diejenigen, die durch den großen „Siloah“ (Jesus) sehend wurden, d. h. für dessen wahre Nachfolger, sind diese vorgeblich Gottesfürchtigen jedoch fremd. Ihnen folgen die Schafe Jesu nicht nach.
Im Unterschied zu den blinden Tür-„Sehern“, sind z. B. der dem hörenden „Schaf“ Petrus die Identität Jesu offenbarende Apostel Johannes oder Martha, (die den an Maria ergehenden Ruf Jesu vermittelte) wirkliche „Türseher“ Gottes.
Sie sehen und kennen die wesenhafte Tür zum himmlischen Vater und geben deren göttliches Licht weiter.
Sie ermöglichen es, dass die Schafe Jesu zu ihrem Herrn hinauskommen können. Aus ihrem Mund erschallt ein Hinausruf.
Er richtet sich an die wahrhaften Jünger Gottes. Diese sollen aus der Finsternis des irdischen Hofes der Hohepriester hinauskommen.
Wer diesem Wort des idealen Hirtens folgt, wird zu einem Herausgerufenen.
Wer in „Babylon“ bleibt, gehört nicht zur Herausgerufenen (Gemeinde) Gottes.
Zu Joh. 10,2+3, siehe Joh. 10,11-15.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.