23.10.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{28} Die Uneinigkeit der Juden über Jesus (Joh. 10,22-42)
Jesus antwortete ihnen: Steht nicht in eurem Gesetz geschrieben: «Ich habe gesagt: Ihr seid Götter»? (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 10,34 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Die Behauptung der jüdischen Geistlichkeit, die dem Herrn glaubende Menge würde das Gesetz nicht kennen, spiegelt sich ironischerweise darin wider, dass Jesus die elitären Pharisäer als solche bloßstellte, die sich im Gesetz nicht auskannten.
Der Herr belehrte sie nämlich, dass es nach der Schrift des Alten Bundes (hörende) Menschen gab, die als „Götter“ bezeichnet werden.
Das nach dem Gesetz zu ermittelnde Tun Jesu ist das Tun der Werke seines Gottes.
Der Sohn hört das Sprechen des Vaters und muss allein deshalb gesetzkonform als „Gott“ bezeichnet werden.
Jesus ist natürlich viel mehr als irgendein „Elohim“ genannter (hörender) Mensch, denn er ist der einzig aus Gott geborene Gott :Joh. 1,14+18; Joh. 3,18:. Er besitzt eine „All-ein-stellung“ der Schöpfung gegenüber.
Der Herr ging aber auf das relativ niedrige Niveau der „Göttlichkeit“ laut der Tora ein, um die Ungläubigen nach ihren eigenen Gesetzesschriften zu überführen.
Laut Joh. 7,49-51*Joh. 10,34-37 steht das Wort des Gesetzes dem Wort Jesu inhaltlich gegenüber.
Letzteres wird von seinen gläubigen Hörern als das Wort Gottes wahrgenommen, sodass sie dadurch selbst zu „Göttern“ (Engelwesen) im höheren Sinne des Begriffs werden :Offb. 1,20:.
Diese den göttlichen Status Jesu zum Inhalt habende Gegenüberstellung gilt auch für das Gesetz im Vergleich zum Johannesevangelium, denn das Evangelium des Apostels bezeugt, dass Jesus der Christus ist. Er ist der inkarnierte Gott. Auch hier ist der Glauben der Leser bzw. Hörer das Ziel des Wortzeugnisses.
Wer das Wort Jesu im Glauben annimmt, ist ein Sohn Gottes. Er erklärt sich nicht selbst dazu und wird auch nicht von anderen Menschen dazu gemacht.
Als ein Leibesglied Jesu ist er mehr als die „Elohim-Richter“ des Alten Bundes. Er hört unsagbar mehr, als allein das Wort des Gesetzes.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.