15.01.2024 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{31} Der triumphale Einzug Jesu in Jerusalem (Joh. 12,12-50 – Teil 1: Joh. 12,12-30)
Wer seine Seele liebt, der wird sie verlieren; wer aber seine Seele in dieser Welt haßt, wird sie zum ewigen Leben bewahren. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 12,25 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Da der Herr und seine Gläubigen es ablehnen, ihre eigene Seele in der Welt zu lieben (an erster Stelle zu setzen), geht es ihnen nicht um den Selbsterhalt, sodass die Diener Jesu auch nicht darum rangen, ihren Herrn davor zu bewahren, preisgegeben zu werden, denn seine Regentschaft ist nicht aus dieser Welt.
Dies gilt auch hinsichtlich der Bewahrung des biologischen Lebens, denn wie Petrus‘ Beispiel zeigt, stellt die Freundschaft zur Seele um sie zu „retten“ einen Verrat an Jesus und eine Gleichmachung mit der selbstherrlichen Welt dar. Sie ist ein zum Scheitern verurteilter Versuch einer Selbsterlösung.
Diese Annäherung an den Jerusalem-Kosmos führt dazu, dass man den ungläubigen leiblichen (jüdischen) Brüdern Jesu zu gleichen beginnt, die von der „Welt“ nicht gehasst werden.
Wer also seine Seele in der „Welt“ nicht hasst (an zweiter Stelle setzt), wird ein Freund des Reiches Jerusalems und gehört nicht länger der Regentschaft des Lichtes an.
Da ihm die Rettungstür des Lebens verschlossen bleibt, gelangt er im „Kosmos“ ironischerweise schließlich doch in den Tod.
Wer seine Seele in der Welt nicht hasst und sie hier in den Tod gibt, den führt der Dieb der Schafe in die völlige Licht- und Lebensferne, denn der ideale Hirte kann solche, die ihm nicht nachfolgen, d. h. nach seinem Beispiel handeln, nicht aus dem Tod erlösen und in das „ewige“ Leben hinausführen. Sie werden von ihm nicht für sich selbst bewahrt, weil sie offensichtlich nicht zu seinen Schafen gehören :Joh. 10,27-29:.
Wir müssen der Welt in Christus gestorben sein :Gal. 2,19; Gal. 5,24; Röm. 6,6:, um unsere Seele nicht an die Welt und ihren Tod zu verlieren, sondern im Herrn zu leben :2.Kor. 5,15:.
Das ideale Vorbild Jesu ist, die Seele im Kosmos („Jerusalem-Welt“) zu hassen, d. h. sie für das Leben anderer zu geben und sie (darüber hinaus) auch für sich selbst zum ewigen Leben zu bewahren.
Nachfolge Jesu bedeutet, diesen Weg furchtlos zu gehen.
Natürlich kann es sein, dass sich ein Schaf Jesu zeitweise in den finsteren Hof und zu dessen falscher Wärme zurück verirrt und dort zu Fall kommt :Joh. 18,16:.
Der Herr wird diejenigen, die ihn lieben, aber gescheitert sind jedoch wieder rehabilitieren :Joh. 21,15-17:.
Joh. 4,14 [D218] <Joh. 8,7*> Joh. 12,25 [D217]
Joh. 4,14 aber der Trinkende aus dem Wasser, wdas ich, ich ihm geben werde, nicht, ja nicht, wird ihn dürsten bis hin den Äon*, sondern das Wasser, wdas ich, ich geben werde, wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, des stellungwechselnden hinein in äonisches* Leben. (218)
Joh. 12,25 Der seine d Seele Befreundende* löst* sie gänzlich* weg*, und der seine d Seele Hassende in dem diesem Kosmos* wird sie hinein in äonisches* Leben bewahren . (217)
Auf beiden Seiten des vorliegenden Verspaars besteht das Ziel darin, „ewiges“ Leben zu erlangen.
(Um der Erlangung dieses Ziels willen kam Jesus in den Jerusalem-Kosmos :Joh. 3,16+17:.)
Dieses Leben erwächst in Joh. 4 aus dem himmlischen Lichtwort des Sohnes Gottes, das als ein geistgefülltes Quellwasser dargestellt wird, das Jesus demjenigen zu trinken gibt, der danach dürstet.
Das Lebenswasser Gottes wird dem „kosmischen“ Wasser aus dem sich bei Sichar befindenden Brunnen Jakobs gegenübergestellt (Sichar ist ein Bild für das irdische Babylon-Jerusalem), denn dieses kann, als das irdische Wort der Gesetzischen :Joh. 8,5:, den Lebensdurst nach dem Wesenhaften nur zeitweise stillen.
Es kann von Tod, Sünde und Gericht nicht bleibend befreien. Wer aus dem irdischen Wasser der Kosmischen trinkt, dürstet bis in „Ewigkeit“, denn es erlöst nicht bleibend von den Rationen (Zuteilungen) der Sünde :Röm. 6,23:.
Wer hingegen aus der himmlischen Geistrede des Sohnes Gottes nimmt, wird selbst zu einer Quelle lebender Wasser, die andere Menschen in das „ewige“ Leben führt, was einen Herrlichkeitszuwachs des Christus darstellt. Er verspürt nach dem Wasser des Gesetzes keinen Durst mehr.
Die „Wasser Jakobs“ an die zweite Stelle setzen entspricht in Joh. 12,25 dem Hassen der eigenen Seele in der Welt, denn der Jerusalem-Kosmos lehrt in seinen gesetzlichen Wassern die Selbstbewahrung und Selbstverherrlichung der Menschen aus ihrer eigenen Fähigkeit und Leistung.
Dieses Streben nach Selbsterlösung der Seele führt jedoch dazu, dass sie vollständig umkommt (weggelöst wird) :Joh. 12,25:.
Die Wasser aus dem Brunnen des irdischen Jerusalem können die Seele nicht äonisch am Leben erhalten, sodass sie „weggelöst“ wird (also verloren geht) und immer wieder von ihnen trinken muss und dennoch das Leben stets aufs Neue verliert. Der Lebensdurst bleibt. Er wird nicht gestillt.
Die Lebenswasser Jesu vermitteln hingegen das „ewige“ Leben, weil er sich selber, seine Seele hassend (sie an die zweite Stelle setzend) :Joh. 12,25:, als das himmlische Lebenskorn in den Staub des Todes fallend, preisgab, woraus ein außerordentlicher Herrlichkeitszuwachs resultierte, der auch zukünftig immer weiter umgesetzt wird :Joh. 12,24; Jes. 53,10:.
Die zu Jesus kommenden Hellenen waren eine solcher Mehrung der Herrlichkeit Jesu :Joh. 12,20-23:.
Allerdings stellte Jesus damals klar, dass seine Verherrlichung allein auf dem Weg in die Todestiefe erreicht werden wird :Joh. 12,24+25:.
Hätte Jesus diesen Weg der Selbstaufgabe vermieden, wäre er nicht auf Golgatha als das Getreidekorn in das Erde gefallen, dann wäre seine nicht gottgemäße Verherrlichung (Ehrung) durch die zu ihm kommenden Hellenen eine Seelenliebe gewesen, eine Selbstbewahrung, Selbstverherrlichung und Selbsterlösung. Letztlich wäre sie eine Eigenliebe zum Irdischen gewesen.
Das Gnadenwort Jesu hätte jeder rechtlichen Grundlage entbehrt, sodass es keine Autorität erlangt hätte, die Sünder vor Sünde, Tod und Gericht zu bewahren :Joh. 8,7-11:.
Die satanischen (anklägerischen) Gesetzischen hätten gesiegt. das ewige Leben wäre für alle Menschen unerreichbar geblieben.
Golgatha, der Drängnisweg der Seele Jesu in die Tiefe des Todes, ist also die Voraussetzung für die gottkonforme Verherrlichung des Menschensohns :Joh. 12,23:, die Bedingung dafür, dass seine Wort- und Geistwasser die Welt in das „ewige“ Leben zu führen vermögen.
Die Verherrlichung Jesu besteht darin, für andere als der Tempel des Vaters zu dienen.
Die Hellenen kamen, um Gott anzubeten :Joh. 12,20:. Bezeichnenderweise wollten sie in diesem Kontext Jesus sehen :Joh. 12,21..
Aus Joh. 4,20-24 geht hervor, dass die wahre Anbetung des Vaters nicht im jüdischen Jerusalemer Tempel und auch nicht im Berggebiet Samarias erfolgt, sondern in Jesus Christus, also in der aus den Juden kommenden wesenhaften Rettung.
Der verherrlichte Sohn Gottes ist der wahre und einzige Tempel der Anbetung des Vaters.
Nicht nur die Hellenen, wie in Joh. 12,20ff. beschrieben, sondern die gesamte Welt wird durch den im wesenhaften Tempel (Jesus) wohnenden heiligen Geist des Vaters Gott ehren :Phil. 2,10:.
Für die Verherrlichung des Gott-Vaters muss die Schöpfung aber zuerst zu dessen Wohnstätte, zu Jesus Christus, kommen.
In Joh. 8,1-11 wird die Lebensmehrung derer, die das Gnadenwort des Sohns annehmen und aus diesem Grund von den Wassern der Gesetzischen und ihrem Todesurteil bewahrt bleiben in der Rettung der sündigen Frau dargestellt.
Die Annahme des Lebenswortes des Gott-Vaters bedeutet, dass jegliche Selbstbewahrung, Selbstverherrlichung und Selbsterlösung aufgegeben werden. Sie bedeutet die völlige Selbstaufgabe. Sie ist das Ende des eigenen Lebens in der Welt, also eine Selbstauflösung zum Leben Gottes.
Diesen durch das Wort Jesu vermittelten Sterbeprozess des eigenen „Ichs“, der tatsächlich ein Hineinwachsen in das göttliche Leben darstellt, können die gesetzlichen Selbstgerechten nicht durchlaufen, denn sie lieben ihre Seele im Babylon-Kosmos und hassen das wesenhafte „Quellwasser“ Jesu.
Von diesem Himmelswort des Gott-Vaters zu nehmen, würde nämlich voraussetzen, ihre Seele zu hassen und sie preiszugeben und ausschließlich Gott Ehre und Herrlichkeit zu geben, da allein er der Täter allen Seins ist, d. h. allein er das Leben in Gnade hervorbringt.
Joh. 12,25 (Joh. // Offb.) Offb. 12,11
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.