05.12.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{30} Maria salbt Jesus (Joh. 11,55-Joh. 12,11)
Warum hat man diese Salbe nicht für dreihundert Denare verkauft und es den Armen gegeben? (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 12,5 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Judas‘ Einwand, man hätte das zur Salbung der Füße Jesu verwendete Würzöl besser verkaufen sollen, um seinen Gegenwert den Armen zu spenden, zeigt, dass er der Herrlichkeit des Erlösers einen relativ geringeren Wert beimaß, als der Hilfe für die Armen.
Hierin offenbart sich der antichristliche Geist des sozialchristlichen Gutmenschentums, denn die „Armen“ treten hier an die Stelle des Messias und sind deshalb ein „Anstatt“, also ein „Anti“ des Christus.
Sie werden in antichristlicher Weise „fromm“ instrumentalisiert.
Aus Joh. 9,8*Joh. 12,5+6 geht hervor, dass die wirklichen „Armen“ solche sind, die vom irdischen Jerusalem in Blindheit gehaltenen werden.
Um sie besser an der „Leine“ des versklavenden Gesetzes führen zu können, beglückt sie „die große Stadt“ :Offb. 11,8: in dieser Abhängigkeit gelegentlich mit hingeworfenen Gaben.
Bleibende Armut ist eine Domäne des „fromm-sozialen“ Babylon und seiner „humanen“ (mitunter sozialistischen) Antichristen.
Durch seine Selbstentäußerung („Verarmung“) und seinen uns sehend machenden Geist befreit und Jesus Christus hingegen zum Reichtum der Gnade Gottes und zur dauerhaften Freiheit und Glückseligkeit.
Judas‘ ungerechtfertigtes Urteil über den Gebrauch des wertvollen Salböls spiegelt sich inhaltlich im ungerechten Urteil der Pharisäer wider, die dem Herrn vorhielten, er wolle den Sabbat nicht halten („hüten“).
Sie maßen Christus einen geringeren Wert als der Wahrung des Sabbats bei, sodass sich aus dem vorliegenden Kontext ergibt, dass die Sabbathütung dem sozialen Werk der Armenspeisung entspricht, welcher die Herrlichkeit Jesu gefälligst hintenanzustehen hatte.
In beiden Fällen geht es schlicht und einfach um die Leugnung der Gottschaft Jesu.
Die vorliegende Analogie zeigt, dass sich die Gesetzischen nur scheinbar um die Einhaltung des Sabbatgebots kümmerten.
Ihr tatsächliches Streben galt ihrer eigenen Herrlichkeit, nicht der Ehre Gottes.
Im Grunde gab der die Kasse verwaltende Judas den Herrn bereits darin preis, dass er das Wohl der Bedürftigen als wichtiger einschätzte, als den Herrn selbst.
(Sowohl in Joh. 12,5+6, als auch in Joh. 13,29 wird erwähnt, dass Judas die Kasse hatte. Der antigöttliche Geist des Mammon herrscht dort, wo das Geld ist.)
Judas‘ Sorge galt scheinbar den Armen. Sie standen für ihn angeblich an erster Stelle.
Dieser indirekte Verrat am Herrn wird auch darin angedeutet, dass die Jünger den an ihn ergehenden Auftrag Jesu des „schneller“ zu tuenden Verrats als eine Anweisung missdeuteten, Judas solle etwas für die Armen kaufen.
Dass die Jünger missverstanden, was Judas demnächst tun würde, entspricht seinem vermeintlichen Engagement für die Armen.
Das perfide des antichristlichen Gutmenschentums ist der Glaube, es sei „christlich“, also im Auftrag des Christus tätig.
Wenn Jesus nicht mehr im Zentrum steht, wird jedoch seine Salbung abgelehnt.
Dadurch fehlt im wahrsten Sinne des Wortes der Christus (Gesalbte) im „Christentum“, sodass es in Wirklichkeit Antichristentum ist, egal wie sozial und human es daherkommen mag.
Christentum, ohne den himmlischen Gesalbten Gottes ist ein Verrat an Jesus Christus.
Die irdischen frommen „Sozialisten“ (Retter) nehmen die Stelle des inkarnierten Erlösers ein und offenbaren sich darin als Antichristen.
Sie sind auch und vor allem dann Antichristen, wenn sie sich „Christen“ nennen oder mit „Christen“ gute Beziehungen pflegen.
In Wirklichkeit strebte der von sich selbst sprechende Antichrist Judas nach seinem eigenen Vorteil (Selbstbereicherung), worin er sich als das Gegenteil des wahrhaftigen Herrn erweist.
Jesus handelte nämlich niemals, um seine eigene Ehre zu mehren, sondern er hatte stets die Herrlichkeit des Gott-Vaters im Sinn, der ihn in die Jerusalem-Welt der „Armen“ und „Blinden“ schickte.
Zu Joh. 12,3-5, siehe Joh. 12,7+8.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.