21.10.2024 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{48} Jesus redet mit Petrus (Joh. 21,15-19)
Beginn der Mikrostruktur {48} Jesus redet mit Petrus (Joh. 21,15-19)
Als sie nun gefrühstückt hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon Jona, liebst du mich mehr als diese? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe! Er spricht zu ihm: Weide meine Lämmer! (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 21,15 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Joh. 20,15 und der Kontext dieses Verses zeigen, dass die drei an Petrus gerichteten Fragen Jesu, ob der Apostel ihn freundschaftlich liebt in einer vielfachen Weise mit anderen Fragen verknüpft sind, die im Johannesevangelium geschrieben stehen, ebenfalls ein dreifaches Muster aufweisen und die Erkenntnis bestimmter Identitäten bzw. das Wissen über den Ursprung („Woher?“) einer Autorität betreffen.
Petrus‘ Liebe zu Jesus ist laut Joh. 15,9*Joh. 21,15 ein Analogie zur Liebe des Sohns Gottes zu seinen Jüngern, z. B. zum Apostel Johannes, die der Liebe des Gott-Vaters zum Sohn und zu seinen Gläubigen entspricht.
Ebenso wie die Jünger Freunde Jesu sind, sein Tun sehen und es in Wahrheit verkünden, sieht er Petrus‘ echte Liebe zu ihm.
Die Priester, Leviten und Pharisäer stellten dem Täufer Johannes drei Fragen nach dessen Identität und Autorität.
Johannes‘ Berufung, das Kommen Jesu vorzubereiten, gleicht Petrus‘ Auftrag, für die Schafe bzw. Lämmlein des Herrn zu sorgen.
Der Umstand, dass der den Täufer befragende jüdische „Klerus“ nichts verstand und Jesus nicht kannte, spiegelt sich im Wissen (Erkenntnis) des Herrn wider, dass ihn Petrus freundschaftlich liebt.
Die Juden und die Jerusalemer Geistlichkeit interessierten sich dafür, wie Jesus den einst Blinden sehend gemacht hatte. Auch hier wurden drei Fragen gestellt.
(Petrus‘ freundschaftliche Liebe zu Jesus rührt offenbar gewissermaßen daher, dass ihn der Herr mit den Gnadenwassern des Teiches Siloah, d. h. mit seinem lebenden Wort, geistlich sehend machte.)
Außerdem stellte Jesus dem einst Blinden die Frage, ob dieser an den Menschensohn glaubt, was ebenfalls mit den drei Fragen korrespondiert, die er an Petrus richtete.
Maria Magdalena wurde nach der Auferstehung Jesu zwei Mal auf ihre Betrübnis und ein drittes Mal auf ihre eigene Identität angesprochen.
Magdalena wusste nicht, wo Jesus ist. Jesus erkannte hingegen, dass ihn Petrus liebte.
Maria wurde von den beiden Engeln zu ihrer Betrübnis befragt. Jesus befragte Petrus zu dessen Liebe zu ihm.
Maria Magdalenas Betrübnis war ein Ausdruck ihrer Liebe zum Herrn, von der sowohl die beiden Engel als auch Jesus wussten.
Die Fragen waren also rhetorischer Natur und zielten auf den persönlichen Erkenntnisgewinn Marias ab.
Außerdem ist die Dreierfolge der Bezeichnung „Simon des Johannes“ in Joh. 21,15-17 mit dem in drei Sprachen verfassten Titel Jesu am Kreuz von Golgatha „Jesus, der Nasarener, der Regent der Juden“ inhaltlich verknüpft.
In beiden Fällen geht es um den Ursprung und die Zuordnung, d. h. ebenfalls um die Identität, der betreffenden Person.
Joh. 21,15 (Joh.*Offb.) Offb. 2,4
Joh. 21,15 (Joh. // Offb.) Offb. 19,9
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.