Und zum drittenmal fragt er ihn: Simon Jona, hast du mich lieb? Da ward Petrus traurig, daß er ihn zum drittenmal fragte: Hast du mich lieb? und sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, daß ich dich lieb habe. Jesus spricht zu ihm: Weide meine Schafe! (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 21,17 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Auf die dritte Frage der Jerusalemer „Geistlichen“ antwortete Johannes der Täufer ausführlicher. Er offenbarte ihnen seine zweckgebundene Identität.
Hierbei ging es um seinen Auftrag, zu taufen und eine Stimme eines Rufers in der Ödnis zu sein, d. h. als ein Wegbereiter für den Christus zu dienen :Joh. 1,23:. Dies entspricht dem pastoralen Auftrag Jesu, der an Petrus erging.
Johannes‘ bzw. Petrus‘ Berufung ist bei Maria Magdalena auch vorhanden, denn sie wird von Jesus angewiesen, den Brüdern „evangelistisch“ zu künden, ihn gesehen zu haben. Die Jünger werden von ihr dazu aufgefordert, ebenfalls zu sehen.
Der Täufer stellte Jesus in das Zentrum des Interesses, indem er von sich wegzeigte und auf den Herrn hinwies.
Ebenso wie Petrus erst nach der dritten Frage des Herrn vom „Ich“ vollständig auf das „Du“ Jesu und dessen Größe im völligen Wahrnehmen und Wissen überging, betonte Johannes nach der dritten an ihn gerichteten Frage der Pharisäer die Herrlichkeit dessen, der inmitten von ihnen stand, den sie aber dennoch nicht kannten.
Desgleichen wurde die dritte an den einst Blinden gestellte Frage von diesem damit beantwortet, dass Jesus ein Prophet ist und deshalb dazu fähig war, seine Augen zu öffnen.
Auch hier ging der Befragte schließlich vom „Ich“ und dem „Wie“ völlig auf das „Du“ Jesu über.
Auch beim Blindgeborenen ging diesem Prozess eine Identitätsprüfung des Befragten voraus :Joh. 9,8+9+19+20:.
(Die Feststellung der Identität dessen, der über Christus befragt wurde, erfolgte bei Petrus ebenfalls, nämlich im dreifachen „Simon, Sohn des Johannes“ Jesu :Joh. 21,15+16+17:.)
Aus dem „Ich sagte es euch schon, und nicht hörtet ihr; was wollt ihr's nochmals hören?“ dessen, der Blind geboren worden war :Joh. 9,27: klingt derselbe Unmut über die ihm nochmals gestellte gleiche Frage an, wie bei Petrus, der wegen der wiederholt gleichen Frage Jesu betrübt war.
Als Jesus Maria schließlich im Garten Gethsemane mit ihrem Namen ansprach, also ihr „Ich“ persönlich konstatierte, wurde ihr die Identität und Größe ihres auferstandenen Meisters ebenfalls klar, sodass sie ihn „Rabbuni!“ nannte, was Petrus‘ „Herr, alles gewahrst du...“ (und auch Thomas‘ „Mein Herr und mein Gott!“:Joh. 20,28:) entspricht.
Dieser Prophet, Gott und meisterlicher Lehrer weiß und kennt alles.
In den hier vorliegenden Darstellungen geht es stets um dieselbe Sache, nämlich um die Erkenntnis des Christus.
Nicht nur Petrus, Maria Magdalena, Johannes der Täufer oder der Blindgeborene begriffen die Einzigartigkeit Jesu, sondern alle seine Gläubigen verstanden, dass er „alles weiß und niemand ihn zu fragen braucht“.
Dem einst Blinden wurde Jesus in Herrlichkeit offenbart, als er sich ihm als der Menschensohn zu erkennen gab, an den geglaubt werden soll :Joh. 9,37:.
Petrus‘ Betrübnis wegen der wiederholten Frage Jesu, ob er ihn liebe spiegelt sich, laut Joh. 16,22*Joh. 21,17, in der Betrübnis aller Jünger darüber wider, dass er von ihnen weggeht.
Die damit zusammenhängende Bedrängnis durch die „Welt“ ist eine Begleiterscheinung der Liebe der Jünger zu Jesus und der damit einhergehenden Liebe des Sohns und des Vater zu ihnen.
Sie wird in Joh. 16,2 auf alle Jünger bezogen und in Joh. 21,18+19 speziell Petrus zugeordnet, der dem Herrn seine Liebe besonders zusicherte.
Trotz der Unvollkommenheit der Jünger in dieser Drängnis, trotz ihres zeitweiligen Scheiterns zählt allein diese Liebe zu Jesus.
Marias Schluchzen bzw. Petrus‘ Betrübnis sind im Kontext der daraus erwachsenden göttlichen Herrlichkeit vergleichsweise „leichtgewichtig“ :2.Kor. 4,17:, also unbedeutend, denn Jesus ist in Herrlichkeit auferstanden.
Die dritte Offenbarung Jesu vor seinen Jüngern entspricht dem Erkenntnisdurchbruch, der sich bei Petrus einstellte, nachdem Jesus ihn das dritte Mal nach seiner persönlichen Stellung zu ihm befragte.
Joh. 20,11 [D18] <Joh. 20,29* >Joh. 21,17 [D19]
Joh. 20,11 MARJA´M aber hatte in der Gruft* als Schluchzende Stand genommen. Als sie daher schluchzte, bückt sie sich herbei, weiter hin die Gruft hinein, (18)
Joh. 21,17 Er sagt zu ihm das dritte Mal: SI´MOoN, Sohn des JOohA´NNES, befreundest* du mich? Da wurde aber der PÄ´TROS betrübt, dass er zu ihm das dritte Mal ´sagte: Befreundest du mich?, und er sagt zu ihm: Herr, alles gewahrst du, ja du; du, du weißt*, dass ich dich befreunde*. Und er sagt zu ihm: Gib Gekräut meinen d Schafen. (19)
Der Umstand, dass Maria Magdalena weinte, weil der Leichnam des Herrn fehlte, entspricht Petrus‘ Betrübnis, weil Jesus wiederholt danach fragte, ob er ihn liebt.
(Laut Joh. 1,14 // Offb. 1,5+6, gibt es auch eine Kontrastparallele zwischen Maria und dem Apostel Thomas.)
Diese Analogie betrifft auch den Kontext des jeweiligen Geschehens, sodass sich das Gespräch der beiden Engel Jesu bzw. des Herrn Unterhaltung mit Maria und das Gespräch Jesu mit Petrus in einem spiegelartigen Aufbau gleicht.
Es fällt auf, dass Marias während der ersten beiden Teile des Gesprächs mit ihr betrübt war. Hier fragen sie zuerst die beiden Engel „Was schluchzt du?“ :Joh. 20,13: und danach stellt ihr der Herr dieselbe Frage :Joh. 20,15:.
Schließlich wird die Spannung gelöst, da sich Jesus ihr zu erkennen gibt :Joh. 20,16:. Die Trauer endet.
Das Gespräch des Herrn mit Petrus ist hierzu spiegelgleich aufgebaut. Petrus ist in den ersten beiden Textabschnitten noch nicht betrübt :Joh. 21,15+16:, sondern erst nach der dritten Frage Jesu :Joh. 21,17:.
(Diese letzte Frage unterscheidet sich von den beiden anderen Fragen des Herrn darin, dass er von Petrus nicht weiterhin wissen wollte, ob dieser ihn liebt :Joh. 21,15+16:, sondern lediglich fragte, ob er ihn freundschaftlich liebt :Joh. 21,17:.)
Aus der Spiegelgleichheit der Ereignisse ergibt sich auch, dass Maria Magdalena im Stadium der Freundschaft zu Jesus klagte, sie jedoch nach der Offenbarung Jesu die Rolle der liebenden Braut des auferstandenen Lammes innehat.
Um die diesbezügliche folgende Erklärung zu begreifen, sollte man das Joh. 20,29 betreffende endzeitlich-chiastische Geschehen verstehen. (Siehe hierzu die Erklärung zu diesem Vers.)
Der genannte Übergang Marias von der Freundin zur Braut Jesu ist insofern logisch, weil dieser dritte Textabschnitt der Zeit nach der Auferstehung des Lammes allegorisch-prophetisch die Zeit ist, in der Christus das in Maria dargestellt neue Jerusalem zur Braut hat :Offb. 19,7:, aber die Einheit mit dieser Stadt („Berührung“ :Joh. 20,17:) noch nicht möglich ist, solange sie noch nicht aus dem Himmel vom Gott-Vater herabgestiegen ist :Joh. 20,17: Offb. 21,2:.
Der dritte Teil des Gesprächs mit Maria schattet die Nachtwache „Morgen“ vor, also die insgesamt 3. Zeit nach der zu Beginn der „Stunde der Versuchung“ erfolgenden „Auferstehung“ des Lämmleins in der Pauluslinie seiner Gemeinde (Entrückung der Christen aus den nicht israelitischen Völkern).
Dass Petrus am Schluss des Gesprächs ein Hinweis gegeben wurde, in welcher Art von Tod er Gott verherrlichen wird :Joh. 21,19:, bestätigt die vorliegende spiegelgleiche Analogie zu Maria, denn vor der Auferstehung Jesu stand der Tod auf Golgatha, auf den der Herr ebenfalls hinwies :Joh. 12,33:.
Die jeweilige Reflexionsmitte der beiden dreiteiligen Texte stellt auch eine Wende des Geschehens dar. Diese befindet sich jeweils im zweiten, mittleren Abschnitt.
In Joh. 20,14 ist sie Marias vorerst wortwörtlich zu verstehende Wendung zum Stehenden (Auferstandenen).
In Joh. 21,16 unterscheidet sich das zentral gelegene „Behirte meine Schafe“ von den einander gegenüberliegenden spiegelgleichen „Gib Gekräut meinen Schafen“ :Joh. 21,15+17:.
Joh. 20,11*Joh. 21,17 hat mit Joh. 20,29, dem D-Punkt des spiegelgleichen Textaufbaus, insofern zu tun, weil es in beiden Fällen um das Sehen bzw. Nichtsehen dessen geht, das geglaubt werden soll.
Auch im Parallelgeschehen zu Joh. 20,11-18, in Joh. 4,7-26, geht es um die richtige Wahrnehmung des Lebenden, der das Leben gibt :Joh. 4,10:.
Es überstieg alle Hoffnungen und selbst die Vorstellungskraft der Samariterin um mehrere Dimensionen. Das Wahrzunehmende lag jenseits des materiellen Realitätsverständnisses.
Maria Magdalena bückte sich schluchzend in die Gruft hinein :Joh. 20,11:, weil sie (scheinbar) „wusste“, dass der tote Leib Jesu von dort wegtransportiert worden war :Joh. 20,2+13:. Sie wünschte, Jesus dennoch sehen zu können.
(Eigentlich hätte Maria glauben und erwarten sollen, den auferstandenen Herrn zu erblicken, sie hoffte aber, den toten Leib Jesu zu sehen. Offenbar missverstand sie die diesbezüglichen Indizien.)
Auch Petrus konnte etwas bei Jesus nicht erkennen, was ihn sehr betrübte. Obwohl der Herr scheinbar nicht wusste, dass er ihn liebte, hätte Petrus Jesus vertrauen sollen. Dies wäre ein Glauben gewesen, ohne zu sehen :Joh. 20,29:.
Ebenso wie Maria Magdalena, verfing sich Petrus in einer äußeren Ebene des Glaubens, die, was die Herrlichkeit Jesu angeht, vergleichsweise niedrig war.
Petrus hätte ganz von sich weg sehen und dem ihn liebenden lebenden Christus vertrauen sollen, der weiß, was in den Herzen der Menschen vorgeht und seine Geschöpfe niemals missversteht.
In beiden Fällen erbarmte sich Jesus derer, die an ihn glaubten und zeigte ihnen seine Größe, die Marias und Petrus‘ Vorstellungskraft weit überstieg. Er offenbarte ihnen, wie herrlich sein „Glaube“ (Treue) und seine Liebe ist.
Der Herr ermöglichte ihnen dadurch den höheren Glauben laut Joh. 20,29.
Dieser Glaube ist ein von äußeren Umständen unabhängiges Vertrauen auf die Glaubenstreue Jesu. Durch ihn empfängt man nicht weniger, als das Geschenk der Gerechtigkeit Gottes :Röm. 3,22:.
Maria und Petrus nahmen die unverdiente Gnade Gottes wahr, also das aus dem Auferstandenen entspringende lebende Wasser, das unsagbar wertvoller ist, als das „tote“ Wasser, das aus dem „Brunnen Jakobs“ geschöpft wird :Joh. 4,10+13+14:.
Joh. 21,17 (Joh.*Offb.) Offb. 2,19
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.