20.03.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{10} Jesus und die Frau aus Samaria (Joh. 4,3b-42)
Die Frau spricht zu ihm: Ich weiß, daß der Messias kommt, welcher Christus genannt wird; wenn dieser kommt, wird er uns alles verkündigen. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 4,25 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Die Art und Weise, wie Jesus mit der Samariterin sprach, ließ sie erkennen, dass er dem von ihr erhofften Messias glich.
Darin erwies er sich als der die Reden Gottes sprechende von Gott geschickte Geistgefüllte.
Anders als bei Nikodemus waren es bei ihr nicht die Zeichen Jesu, die sie verstehen ließen, dass Gott mit ihm ist, sondern sein Wort identifizierte den Herrn als den in die Welt kommenden Christus.
Auch die Jünger erkannten ihren herbeigesehnten und von ihnen gefundenen Christus an seinem Wort.
Laut dem Chiasmus in Joh. 4,3b-42 stehen sich Joh. 4,19+20 und Joh. 4,25+26 textlich gegenüber.
Dass die Samariterin „schaute“, dass Jesus ein Prophet ist :Joh. 4,19:, entspricht ihrer Erkenntnis, dass der verheißene Messias „eben solche Dinge künden wird“, wie die, die Jesus zu ihr sprach :Joh. 4,25:, denn seine Ankündigung der Stunde der wirklichen Anbetung Gottes in dessen Geist war eine prophetische Aussage.
Demnach muss der endzeitprophetische Aspekt der Typologie der sechs Männer der Frau :Joh. 4,18: inhaltlich mit dem Kommen der Stunde der idealen Anbetung Gottes in Verbindung stehen.
Diese besondere Zeit von 3 ½ prophetischen Jahren beginnt, wenn sich Jesus Christus, der wesenhafte Tempel, im männlichen Sohn :Offb. 12,5: im endzeitlichen Sichar-Babylon-Jerusalem offenbart, indem er zu seinen geheiligten Gläubigen als ihr siebtes Haupt kommen wird. (Siehe hierzu die Erklärung zu Joh. 4,18+40*Joh. 17,10.)
Joh. 3,10 [D24] <Joh. 3,34*> Joh. 4,25 [D27]
Joh. 3,10 Der JESuU´S antwortete und ´sagte zu ihm: Du, du bist der Lehrer des ISRAE´L und weißt* dies nicht? (24)
Joh. 4,25 Da sagt das Weib zu ihm: Ich gewahre, dass der MÄSSI´AS kommt, der »ChRISTO´S« geheißene; wann gleichsam jener ´kommt´, hinaufkündet* er uns allsolches. (27)
Trotz der u. a. in Joh. 3,11*Joh. 4,22 betreffenden Erklärung aufgezeigten Gemeinsamkeit des Nikodemus und der Samariterin am Brunnen Jakobs, was das Hinauskommen zu Jesus und das Hören seiner Lebensworte betrifft, offenbart der vorliegende Versvergleich einen großen Kontrast in der geistlichen Erkenntnisfähigkeit dieser beiden Personen.
Nikodemus, der „Lehrer Israels“, wusste nicht, wie man durch Wasser und Geist von oben her geboren werden konnte, um das Reich des Himmels zu erkennen :Joh. 3,5+7:.
Die Samariterin wusste hingegen, dass die Reden Jesu genau solche waren, die man vom kommenden Christus erhoffte :Joh. 4,25:, woraus resultiert, dass dieser nichtisraelitischen Frau das Herz und die wesenhafte Zielgebung des Wortes Gottes geläufig war.
Hingegen war dem frommen Israeliten und Lehrer des Volkes Gottes nach dem Fleisch, Nikodemus, diese zentrale Wahrheit erstaunlicher Weise unbekannt.
Die Ironie dieses Kontrastes wird deutlich, wenn man begreift, dass die Samariterin, als eine Frau und darüber hinaus als eine Hure, im von den Juden verachteten Volk eine äußerst niedrige soziale Stellung inne hatte.
Diese „Verachtete unter den Verachteten“ wusste also über die wesenhaften Lehre Gottes mehr, als einer der angesehensten jüdischen Männer ihrer Zeit!
Ihr war klar und sie erlebte es auch, dass man durch den kommenden Messias zu einem neuen Menschen gemacht wird.
Die persönliche Stellung zu Jesus als den von Gott entsandten Christus ist also der Prüfstein dafür, ob man zum finsteren Babylon-Jerusalem der Pharisäer gehört oder zur aus Babylon hinausgehenden, durch die Samariterin dargestellten himmlischen Lichtstadt „neues Jerusalem“ zählt.
Der springende Punkt ist nämlich, dass die von dem in die Welt kommenden Messias gekündeten Reden Gottes :Joh. 4,25: die nicht aus Maß gegebenen Geistwasser des Gott-Vaters sind :Joh. 3,34:.
Durch die Reden Gottes zeugt der nach unten entsandte Sohn in das wesenhafte Leben hinein, sodass solche, die diese Wasser des „ewigen“ Lebens im Glauben in sich aufnehmen (davon „trinken“, es also "empfangen"), von oben, d. h. vom Himmel her, wiedergeboren werden.
Die Lehre des „Lehrers Israels“ (Nikodemus) kann demnach nicht dieselbe sein, wie die geistbelebten Reden des Gott-Vaters, die der Sohn denjenigen kündet, die sein Kommen erwarten und ihn wegen seines vollmächtigen Sprechens im Geist als den von Gott entsandten Christus identifizieren :Joh. 4,25:. (Siehe hierzu auch Joh. 1,17.)
Paradoxerweise erkannte der Pharisäer Nikodemus das wesenhafte Heil und Reich des Himmels (Jesus) nicht, obwohl es direkt vor ihm stand und zu ihm die himmlischen Reden des Vaters sprach.
Der mangelnde geistliche Horizont des frommen Juden resultierte also u. a. aus der fehlenden Ausrichtung auf die Art und Weise der das höhere Leben zeugenden Reden des kommenden Messias.
Dies zeigt, wie wichtig es ist, sich mit der „Stimme“ des idealen Hirten in dessen geschriebenem Wort „ver-traut“ zu machen, um die Lehre Gottes zu kennen.
Es ist dennoch erschütternd zu sehen, dass es Menschen gibt, die sich zwar fortwährend mit der heiligen Schrift beschäftigen, dabei dennoch nur die minderen pharisäischen Wasser des Alten Bundes „trinken“, denen an Gnade und Wahrheit mangelt :Joh. 1,17:.
Die Lehre der vielen Lehrer Israels ist mit der nicht aus Maß für alle Menschen gegebenen Lehre Gottes nicht identisch, weil sie den zur Erde entsandten wesenhaften Tempel, Jesus Christus, nicht kennt :Joh. 4,23+24:.
Und da der Sohn Gottes und seine Reden Licht sind, ist folglich die Lehre der pseudogeistlichen Lehrer Israels finster, sie ist ein „Wasser“ von unwissenden Blinden für solche, die durch sie in Ignoranz und Finsternis gehalten werden sollen. Trotz all ihrer „biblischen Frömmigkeit“ ist diese Lehre antichristlich.
Es steht zu befürchten, dass die durchsäuerten und durchsäuernden „Lehr-Wasser“ Babylons ebenfalls zeugend sind, allerdings zeugen sie solche, die sie "hören" von unten in den Tod hinein.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.