20.03.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{10} Jesus und die Frau aus Samaria (Joh. 4,3b-42)
Nun ließ die Frau ihren Wasserkrug stehen und lief in die Stadt und spricht zu den Leuten: (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 4,28 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Nachdem sich Jesus der Samariterin gegenüber als der Gesalbte Gottes offenbart hatte, sie also von seinem Lebenswasser im Glauben nehmen durfte, ging die Frau vom Brunnen Jakobs weg und kam zu den Menschen Sichars, um diese zu Jesus zu rufen, damit auch sie ihn als den Christus erkennen.
Dies entspricht dem weggehenden Kommen des Geheilten Bethesdas, um den Jerusalemer Juden den Namen dessen zu künden, der ihn gesund gemacht hatte.
Der durch Jesus Genesene verließ die irdische Weihestätte, um den Jerusalemern den wesenhaften Tempel Gottes, das viel größere Haus des Vaters, Jesus Christus, bekannt zu machen :Mt. 12,6:.
Dementsprechend ließ die Samariterin ihren Wasserkrug am Brunnen Jakobs stehen, als sie die Bewohner Sichars zum geistgefüllten Wasser Jesu herbeirief.
Dies zeigt, wo das mindere, „tote“ Wasser Jakob-Israels geschöpft wurde: auf dem Jerusalemer Tempelberg.
Hierin wird bestätigt, dass Sichar die irdische Stadt Jerusalem darstellt.
Der einst Lahme Bethesdas ist ein anderes Bild der Samariterin am Brunnen Jakobs.
Joh. 3,5 [D29] <Joh. 3,34*> Joh. 4,28 [D30]
Joh. 3,5 JESuU´S antwortete: AME´N*, AME´N, ich sage dir: So nicht jemand aus Wasser und Geist erwurde´*, nicht vermag er, die Regentschaft der Himmel zu ´gewahren. (29)
Joh. 4,28 Daher lässt das Weib ihren d Wasserkrug stehen, und weggehend ´kam sie hin die Stadt und sagt zu den Menschen: („Kommet herbei...“ :Joh. 4,29:) (30)
Offb. 22,17 Und der Geist* und die Braut sagen: Komm! Und der Hörende, er sage: Komm! Und der Dürstende komme, der Wollende ´nehme das Wasser des Lebens* umsonst.
In Joh. 3,5*Joh. 4,28 geht es hauptsächlich einerseits um das Nehmen der Wasser und Geist seienden Reden des Gott-Vaters, diese Geburt von oben (aus dem Himmel) ermöglicht es, das wesenhafte Reich Gottes, Jesus Christus in Person, zu erkennen, und andererseits um die Verwerfung der vergleichsweise minderwertigen Wasser aus dem Brunnen Jakobs.
Die belebenden Reden des Gott-Vaters sind Geist und Leben :Joh. 6,63:.
Von oben geboren zu werden :Joh. 3,7:, heißt aus dem himmlischen Geist geboren zu werden :Joh. 3,5:, d. h. vom Geist Gottes durch die Reden (= Wasser) Gottes zu einem neuen Leben gebracht zu werden.
(Diese Geistzeugung erfolgt stets in Kombination mit den Wassern Gottes, d. h. mit dem von Jesus geäußerten Wort des Vaters, niemals unabhängig von ihnen :Röm. 10,17; Joh. 16,14:.)
Dass das zu erblickende Himmelreich :Joh. 3,5: der Herr Jesus selbst ist, zeigt der vorliegende Versvergleich, denn solche, die von der Frau aus Babylon-Sichar herausgerufen werden, sollen von dort hinauskommen, um den Messias zu sehen :Joh. 4,28-30:.
Das wahrzunehmende Himmelreich ist also der in seiner Gottessohnschaft zu erblickende, als Mensch inkarnierte Christus!
Das Instrument und Mittel dieser Wahrnehmung sind jedoch die Geist-Reden des Gott-Vaters, die aus dem herausfließen, der zur Rettung der Welt entsandt wurde (Jesus).
Diese Wasser zeugen solche, die sie trinken von oben her in das neue Gottesleben hinein.
Nichts anderes geschah, als die Bewohner Sichars zu Jesus kamen :Joh. 4,28-30:, seinerseits hörten :Joh. 4,42:, an seinen Reden erkannten, dass der, der zu ihnen sprach der Christus ist :Joh. 4,26+42: und durch dieses Zu-ihm-Kommen das ewige Leben empfingen :Joh. 5,40:.
Die Verwerfung der minderwertigen Wasser Israels zeigt sich darin, dass die Samariterin den Wasserkrug am Brunnen Jakobs stehen ließ, um in die Stadt Sichar zu gehen und deren Bewohner zu den geistgefüllten Worten des Lammes Gottes hinauszurufen :Joh. 4,28:.
Die Wasser (Reden / Lehre) des Alten Bundes hätte ihnen die Erlöste im Wasserkrug mitbringen können, die Reden des von Gott entsandten Christus, also die geistgefüllten Wasser des himmlischen Vaters, konnten die Mitbewohner der Frau jedoch nur in Empfang nehmen, wenn sie das untere Sichar-Babylon-Jerusalem verließen und zum Bräutigam des oberen Jerusalem hinauskamen.
Für Jesus, den großen „Brunnen Gottes“, und seine hervorsprudelnden unerschöpflichen Wasser war der Wasserkrug des Brunnen Jakobs nutzlos und die Samariterin ließ ihn deshalb an Ort und Stelle.
Aus dem Brunnen Jakobs muss mit viel Kraft (eigenes Werk nach dem Gesetz) geschöpft werden.
Der göttliche Quellbrunnen sprudelt hingegen die Gnadenwasser als ein Geschenk der Fülle des Geistes hervor.
Hierfür darf man zu ihm kommen und als ein Gläubiger Jesu mit ihm in Verbindung bleiben :Joh. 15,5:.
Darin, dass die Samariterin die Menschen Sichars zum Wort des Lebens hinausrief, erwies sie sich als eine typologische Darstellung der Braut des Lämmleins, die im Millennium zusammen mit dem ihr gegebenen heiligen Geist in den finsteren Babylon-Bereich außerhalb der himmlischen Brautstadt hinausgeht und die Menschen zu den Geist-Wassern des Lebens herbeiruft, die aus dem Körperinneren des Lämmleins fließen.
Joh. 3,5*Joh. 4,28 und der jeweilige Kontext dieser beiden Verse ist auch in Hinsicht auf den Begriff „kommen“ von großer Bedeutung, denn bevor Jesus Nikodemus den Weg mitteilte, wie dieser das göttliche Reich erkennen kann, fragte ihn der Pharisäer, wie es möglich sein soll, von oben her geboren zu werden, wenn dies bedeutet, z. B. als ein Greis ein zweites Mal in die Gebärmutter der eigenen Mutter hineinzukommen :Joh. 3,4:.
Nikodemus sprach von einem greisen Menschen :Joh. 3,4:. Im spiegelgleichen Gegenüber, in Joh. 4,28+29, ist der Gebrauch des Begriffs „Mensch“ auffällig:
Es sind Menschen, denen es bestimmt ist, das wesenhafte Reich des Himmels zu erkennen.
Es ist dieser vom Himmel hinabsteigende, als Mensch inkarnierte Jesus Christus, der von ihnen erkannt werden will.
Der vom Gott-Vater entsandte Mensch führt zur Rettung der Menschen, die zu ihm kommen.
Ein Mensch vermag also überhaupt nichts zu nehmen, so es ihm nicht aus dem Himmel, d. h. von Gott, gegeben wird :Joh. 3,27:.
Auch wenn der Pharisäer nicht begriff, wie diese Wiedergeburt geschieht, so wusste er doch, dass es bei einer Zeugung einer zukünftigen Mutter bedarf.
Der springende Punkt ist aber, dass man durch die Wasser und-Geist-Zeugung Gottes zu einem Teil der himmlischen Brautstadt wird, d. h. man wird hinein in eine Braut, d. h. in einen himmlischen Leibesteil des Christus gezeugt und kehrt nicht zur irdischen Mutter zurück.
Joh. 4,28-30+40 zeigt, dass es tatsächlich eines Kommens derer bedarf, die aus Geist und Wasser gezeugt werden wollen, allerdings sollen sie aus einer (Mutter-) Stadt herauskommen und nicht in ihr Inneres zurückkehren.
Die „Mutter“ des Greises Nikodemus ist die Mutter all derer, die aus ihrem „Kosmos“ kommen. Sie ist das irdische Babylon-Jerusalem.
Das Herausgehen aus dieser in der Stadt Sichar dargestellten Mutter ist also die Voraussetzung dafür, zum Lamm Gottes zu kommen und seine himmlische Lebenswasser zu erhalten, d. h. aus Wasser und Geist gezeugt zu werden und dadurch der himmlischen Brautstadt neues Jerusalem anzugehören.
Es muss also aus der Mutter herausgegangen werden, um zur Braut zu gehören.
Der Rückweg zu Gott geht über die himmlische Braut (Einungsprozess), nicht über die große irdische Mutter der greisenhaften Pharisäer (Geburten sind Teilungen und somit Sterbeprozesse).
Diejenigen, die bereits vom göttlichen Lebenswasser genommen haben, kehren jedoch in den Bereich der die große Hure Babylon darstellenden Stadt Sichar zurück, um dort andere zu den Geistreden des Christus herbeizurufen.
Dieses Kommen in die irdische Mutterstadt :Joh. 4,28: hat also die Ankunft des wesenhaften Lichtes in den finsteren Babylon-Kosmos zum Vorbild :Joh. 1,9; Joh. 3,34:.
Hierbei wird der eine Berufung und die Befolgung dieses Rufs darstellende Prozess der Überführung der Schöpfung aus der Finsternis heraus zum Licht durch die Leibesglieder des Christus fortgeführt.
Das „all-betreffende“ Ziel ist die Erkenntnis und das Hineinkommen in das Reich des Himmels, d. h. in den Christus.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.