Nun spricht die samaritische Frau zu ihm: Wie begehrst du, ein Jude, von mir zu trinken, die ich eine Samariterin bin? (Denn die Juden haben keinen Verkehr mit den Samaritern.) (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 4,9 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Ebenso wie Jesus das Verbot der Gesetzischen überging, als er von einer samaritischen Frau Wasser erbat, denn die Juden gebrauchten nichts zusammen mit den in ihren Augen unreinen Samariter, störten sie sich daran, dass der von Jesus am Sabbat Geheilte Bethesdas ausgerechnet an diesem Ruhetag auf Anweisung des Herrn seine Liegematte aufhob und sie durch die Gegend trug.
Die diesbezüglich kritische Frage der Samariterin ist das Gegenstück der Ermahnung der Juden.
Mit beidem, indem Jesus mit einer samaritischen Frau sprach und aus ihrem Schöpfgefäß trank bzw. den Geheilten in Joh. 5,10 zur Übertretung des Sabbatgebots aufforderte, provozierte er die Leibesglieder Babylon-Jerusalems, die in ihrem herkömmlichen gesetzlichen Denken die göttliche Gnade nicht begriffen.
Joh. 3,25 [D9] <Joh. 3,34*> Joh. 4,9 [D11]
Joh. 3,25 Es ´wurde aber ein Disput, der ausgrund der Jünger* des JOohA´NNES entstand, mit den Juden betreffs der Reinigung. (9)
Joh. 4,9 Da sagt zu ihm das Weib, die Samariterin: Wie denn ist's, dass du, der du ein Jude bist, meinerseits zu ´trinken bittest, seitens eines Weibes, die eine Samariterin ist? [Denn nicht gebrauchen die Juden etwas zusammen mit den Samaritern.] (11)
Joh. 3,25*Joh. 4,9 betrifft das Reinheitsverständnis der gesetzlichen Juden im Unterschied zu dem des Juden Jesus.
Der reine Jude Jesus :Hebr. 4,15: bat ausgerechnet eine unreine Nichtjüdin um Wasser!
Offensichtlich ist Jesus nicht wie die Juden.
Auf der einen Seite des Versvergleichs geht es um das Unverständnis der anklägerischen Juden über die in ihren Augen mangelnde Reinheit der johanneischen Jünger :Joh. 3,25:; in Joh. 4,9 ist es die ebenfalls in den Augen der Juden unreine Samariterin, die nicht versteht, warum der Jude Jesus sich mit ihr abgibt, d. h. in seinem Tun den allgemein gängigen Reinheitsvorstellungen der Juden widerspricht.
Zwischen Juden und Samariter gab es keine Gebrauchsgemeinschaft. Auch war es grundsätzlich nicht üblich, dass ein jüdischer Mann eine Frau ansprach.
Ägypten-Jerusalem will keine Gemeinschaft mit den „Ausländer-Hirten“, denn diese sind für die „große Stadt“ ein Gräuel :Offb. 11,8; 1.Mose 43,32:.
Dass sich der Herr mit seinen lebenden Wassern auch der sündigen Samariterin annahm und sie durch das Bad der Wiedergeburt seines Wortes rettete :Tit. 3,5; Joh. 13,10; Joh. 15,3:, zeigt, dass der von ihm vermittelte Geist des Gott-Vaters „nicht aus Maß gibt“, sondern durch die Reden Gottes uneingeschränkt handelt, d. h. sich nicht allein der Juden annimmt :Joh. 3,34:.
Die Nachfolger des Johannes und die des Herrn gleichen sich darin, dass ihnen nach den Menschensatzungen der pharisäischen Elite Babylon-Jerusalems vorgeworfen wurde, unrein zu sein.
Die durch das Wasser Jesu innerlich gereinigte Frau geht aber aus dem hurerischen Babylon-Sichar hinaus, um zu Jesus zu kommen, und sie stellt deshalb die geheiligte, reine Braut des Lämmleins dar, das neue Jerusalem, das in einem Gegensatz zum satanischen (= anklägerischen) jetzigen irdischen Jerusalem der gesetzlichen Juden steht.
Indirekt kann man schließen, dass die in der Gemeinschaft des Täufers dargestellten Märtyrer des neuen Jerusalem in ihrer mangelnden äußerlichen Reinheit der in den Augen des irdischen Jerusalem unreinen Samariterin entsprechen, die bezeichnenderweise ebenfalls das neue Jerusalem darstellt.
Tatsächlich besitzen sowohl der Täufer und dessen Jünger als auch Jesus mit der an ihn glaubenden Samariterin eine durch den Herrn vollbrachte innere Reinheit, sodass ihnen, als Reine, alles rein ist :Lk. 11,41; Tit. 1,15:.
Um dieser Heiligung willen wurde beide, der Täufer und Jesus, von Gott entsandt.
Die Läuterung durch die Taufe des Johannes ist allerdings lediglich ein Schatten der Reinigung durch die geistgefüllten Lebenswasser des Herrn.
Die Johannes, dessen Jünger, Jesus und die Samariterin anklagenden äußerlich reinen Juden sind hingegen innerlich beschmutzt :Mt. 23,25-35; Offb. 17,4:.
Ihre Unreinheit ist weitaus schlimmer, als die äußeren Unreinheit der Samariterin :Joh. 9,41; Joh. 15,22+24:.
Sie verwerfen die Gebote Gottes :Mk. 7,9: und legen hingegen dem Volk menschliche Gebote auf :Mk. 7,5+7:.
Für sie, deren Herzen finstere, gräuelhafte, schmutzige Gräber sind, stellt es paradoxerweise eine Unreinheit dar, mit „gemeinen“, d. h. ungewaschenen Händen zu essen.
Aus diesem Grund disputierten sie mit Johannes wegen des mangelnden Gebrauchs ihrer unzureichenden Wasser, die zu den wirklich reinigenden Wasser Jesu in einem scharfen Gegensatz stehen :Joh. 3,25; Joh. 15,3:.
Die Wasser Jesu reinigen nicht „aus Maß“, d. h. sie sind unvergleichlich mehr, besser und nachhaltiger als die gesetzlichen Wasser der anklägerischen Juden.
Die hier vorliegenden Zusammenhänge zeigen, dass wir, als Nachfolger (d. h. Nachahmer) Christi, uns nicht als anklägerische Pharisäer gebären sollten, die sich in gesetzischer Weise über die Unreinheit der Welt auslassen, sondern das rettende und bewahrende Denken unseres Herrn in die Praxis umzusetzen haben.
Nur so können wir andere zu den reinigenden Lebenswasser Gottes herbeirufen.
Allein auf diese Weise ist es uns möglich, mit ungewaschenen Händen zu essen und in Kontakt zu unreinen Menschen zu stehen und dennoch heilig zu bleiben.
Wir führen sie zur wesenhaften Heiligung (Jesus) und deren Wasser.
Leider gibt es jedoch in „christlichen“ Gemeinden oftmals mehr auf die Sünder herabschauende religiöse „Pharisäer“, als gläubige Jünger Jesu.
Die „jüdischen“ Elitären verkehren lieber unter ihresgleichen.
Sie genügen sich selbst.
Jesus war anders. Und auch wir sollten anders sein.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.