03.04.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{12} Jesus heilt einen Kranken am Sabbat (Joh. 5,1-18)
Darnach findet ihn Jesus im Tempel und spricht zu ihm: Siehe zu, du bist gesund geworden; sündige hinfort nicht mehr, damit dir nicht etwas Ärgeres widerfahre. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 5,14 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Dass Jesus den von ihm Geheilten dazu aufrief, nicht mehr zu sündigen, damit ihm nicht etwas „Ärgeres“ zu Teil wird, entspricht laut der vorliegenden Textstruktur seiner Anordnung, die Jünger mögen die Essensreste derer, die gespeist wurden aufsammeln, damit nichts davon verdirbt.
Diese Analogie zeigt, dass mit dem drohenden „Ärgeren“ des Geheilten seine Verdammnis in den Tod gemeint ist, sodass das von ihm empfangene Leben gewissermaßen einer umsichtigen „Pflege“ bedarf, die darin besteht, im Wort Jesu zu bleiben und nicht zu sündigen.
Es geht also um eine gute christliche Nachfolge.
Wie aus Joh. 5,1-18 zu ersehen ist, steht die Frage Jesu, ob der Lahme in Bethesda gesund werden möchte :Joh. 5,6: in Joh. 5,14 seiner Feststellung gegenüber, dass diese Heilung geschah.
Joh. 5,5*Joh. 5,14 zeigt, dass das Leiden des Lahmen eine Folge seiner Sünde gewesen war.
Der heilende Jesus ist das Gegenteil der zum Heilen nutzlosen Wasser des irdischen Jerusalem.
Joh. 1,41 [D69] <Joh. 3,34*> Joh. 5,14 [D70]
Joh. 1,41 Dieser findet als Vorderer* den d eigenen Bruder SI´MOoN und sagt zu ihm: Wir haben den MÄSSI´AS gefunden – wdas heißt aber nachübersetzt »ChRISTO´S« –. (69)
Joh. 5,14 Nach diesem findet der JESuU´S den Genesengemachtwordenen in der Weihestätte* und sagt zu ihm: ´Gewahre! Du bist gesund geworden; verfehle* nicht mehr, auf dass dir nicht etwas Ärgeres zuteil ´werde. (70)
Dem vorliegenden Verspaar ist das Finden des Christus und sein Finden derer, die ihn finden gemeinsam.
Genau genommen, stellt das Finden des Messias die komplementäre Seite davon dar, dass man von ihm gefunden wird, denn beide Vorgänge bilden einen gemeinsamen Prozess, der darin besteht, dass Jesus diejenigen erwählt, die ihn finden und nicht sie ihn :Joh. 15,16:.
Es ist also sein Finden derer, die von ihm geheilt wurden, das solchen, die ihn suchen ermöglicht, den Herrn zu finden :Mt. 7,7:. Genauer gesagt, finden sie ihn darin, dass er sie findet.
Das Suchen des Messias und seines Aufenthaltsortes ist der Beginn des Findens :Joh. 1,38:.
Es ist ein Prozess der Nachfolge Jesu, einer Gefolgschaft bis ins himmlische Vaterhaus hinein :Joh. 14,3:.
Jesus sieht solche, die ihn finden, bevor sie ihn sehen :Joh. 1,48:.
Rein äußerlich besteht oftmals der Eindruck der freien Wahl und Willensentscheidung des Menschen, der meint, Jesus gefunden zu haben, also selbst zum „Glauben“ gekommen zu sein, sich selbst bekehrt zu haben.
Dies ist aber ein Irrglaube, denn derjenige, der den Sohn entsendet, zieht die von Jesus Erwählten zu sich :Joh. 6,44+65; Joh. 3,27:.
Das „Wir“ derjenigen, die den vom Gott-Vater entsandten Jesus gefunden haben :Joh. 1,41; Joh. 3,34: entspricht dem Geheilten Jesu, der in Joh. 5,14 von ihm gefunden wird.
Diese „Wir“ in Joh. 1,41 sind Andreas und sehr wahrscheinlich der Apostel Johannes. Die beiden ersten Jünger des Herrn hörten und glaubten, dass er das Lamm Gottes ist :Joh. 1,36+37:.
Die „Genesung“ besteht darin, den Entsandten Gottes gefunden zu haben, denn dieser gibt ihnen die Geist und Leben seiende Lehre Gottes, durch welche denjenigen, die diese Worte annehmen das „ewige“ Leben erhalten, sodass sie in einem unvergleichlichem Maße „gesunden“ :Joh. 3,34:.
Ihre Wiederherstellung ist eine Genesung von der Krankheit und Tod bringenden Sünde.
Wer von Jesus durch das Wort geheilt wurde, muss aus der Sünde herauskommen :Joh. 5,14:, sodass er fortan der wesenhaften Weihestätte Gottes angehört (also Jesus in Person) und dort zu finden ist, d. h. nicht zum finsteren „Kosmos“ zurückkehrt.
Der Prozess des Findens und Gefundenwerdens betrifft nicht allein den Christus und seine Jünger, sondern in ihm finden auch die Leibesglieder Jesu einander :Joh. 1,41+45:.
Er ist also im wahrsten Sinn des Wortes ein Prozess der Selbstfindung, in dem organisch zusammenkommt, was zusammengehört: das Haupt und seine Leibesglieder.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.