10.04.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{13} Die Autorität des Sohnes (Joh. 5,19-47)
Und doch wollt ihr nicht zu mir kommen, um das Leben zu empfangen. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 5,40 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Wie aus dem Chiasmus in Joh. 5,31-47 hervorgeht, wird das „ewige“ Leben nur dann durch Schriftforschung erlangt, wenn die aus dem Wort gewonnenen Erkenntnisse dazu führen, dass man zu Jesus kommt.
Wer Jesus nicht annehmen will, hat das Leben nicht und er wird es auch nicht erlangen, indem er fleißig in den heiligen Schriften liest und „theologisch“ Bescheid weiß, denn er ist ein Theologe ohne „Theos“ (Gott).
Sein Mühen wird vergebens sein, seine Ansicht eine Illusion. Ohne Jesus ist das geschriebene Wort des Alten Bundes leer und tot.
Ohne ihn vermag das gesamte Wort Gottes kein Leben zu geben, denn es entbehrt sowohl der Gnade, als auch der Wahrheit :Joh. 1,17:.
Jesus ist die einzige Herkunft des „ewigen“ Lebens. Dies geht u. a. aus Joh. 5,39a*Joh. 5,40 hervor.
Joh. 1,11 [D99] <Joh. 3,34*> Joh. 5,40+41 [D96+97]
Joh. 1,11 Hinein in die Eigenen ´kam er, und die Eigenen ´nahmen* ihn nicht an*. (99)
Joh. 5,40 und doch wollt ihr nicht zu mir ´kommen, auf dass ihr Leben habet.
Joh. 5,41 Nicht nehme ich Herrlichkeit* seitens* der Menschen, (96,97)
Wie das vorliegende Verspaar zeigt, stehen Jesus und die ihn hassenden Juden in ihrem jeweiligen Verhalten in einem scharfen Gegensatz.
Jesus kam „in“ die Eigenen, d. h. Jahwe Elohim, der Gott Israels, inkarnierte in das Fleisch der Juden :Joh. 1,11:.
Sein erwähltes Volk wollte jedoch nicht zu ihm kommen :Joh. 5,40:.
Er wurde vom Vater zu den Juden entsandt, um ihnen Lebenslicht zu geben :Joh. 5,40:, denn er sprach die Geistreden des Gott-Vaters zur Welt, damit jeder, der an ihn glaubt „ewiges“ Leben empfängt :Joh. 3,34+36:. (Joh. 3,34 ist der D-Punkt des vorliegenden Verspaars.)
Die kosmischen Menschen nahmen den Gott seienden, in der Liebe des Vaters Entsandten nicht an :Joh. 1,11:.
Andererseits nimmt Jesus keine Herrlichkeit von Menschen in Empfang :Joh. 5,41:, denn er weiß, dass sie die Liebe Gottes nicht in sich selbst (aus sich selbst hervorbringend) besitzen :Joh. 5,42:.
Aus Joh. 1,11*Joh. 5,40+41 ergibt sich, dass die Aufnahme dessen, der in die Welt entsandt wurde darin besteht, dass man zu ihm kommt.
Als eine Antwort darauf, dass er auf die Erde hinabstieg, richten sich die Menschen auf ihn aus und schließen darin den Prozess der Lebensvermittlung- und Findung ab.
Bleibt ihre Reaktion auf seinen Weg aus, wird das Leben nicht erlangt.
Wer Jesus nicht „entgegengeht“, ihn aktiv annimmt, nimmt das wesenhafte Leben nicht an.
Er ist jemand, der Herrlichkeit ("Ehre") nicht bei Gott, sondern bei den Menschen sucht.
Der Herr sucht diese „kosmische“ Herrlichkeit jedoch nicht :Joh. 5,41:, sondern er nimmt alles aus der Hand des ihn liebenden himmlischen Vaters :Joh. 3,35:, auch dessen ihm unerschöpflich gegebenen Geist, der die wesenhafte Herrlichkeit Gottes in Person ist :Joh. 3,34; Röm. 6,4:.
Der Hinabstieg des Herrn, sein Kommen in die Welt, stellt also einen Prozess der Verherrlichung durch den Gott-Vater dar :Joh. 12,23-25:, auch wenn es äußerlich so schien, als ob dieser „Tiefenweg“ in einer Niederlage Jesu endete.
Letzteres wäre nur dann der Fall gewesen, hätte der Sohn die Herrlichkeit der Menschen gesucht.
Dann wäre der Babylon-Kosmos zwar zu ihm gekommen, er, das göttliche Getreidekorn, wäre aber für sich allein geblieben :Joh. 12,24:, d. h. die sich aus seinem Hinabstieg ergebende Herrlichkeitsfrucht wäre nicht gewachsen. Jesus hätte denen, die an seinen Namen glauben kein „ewiges“ Leben geben können.
Der falschen Entscheidung der Juden, ihren Schöpfer und Gott Jesus nicht anzunehmen, d. h. nicht zu ihm zu kommen, steht also die richtige Entscheidung des Herrn gegenüber, bei seiner Menschwerdung, also seinem Hineinkommen in die Welt, keine Herrlichkeit von Menschen anzunehmen.
Der der Eigenliebe entspringende Hass der Welt auf ihn und ihre Mordsucht wurden vom Herrn in einer selbstlosen, das eigene Leben für die ihn anfeindenden Menschen aufopfernden Liebe beantwortet, damit sie Leben haben.
Das Tragische ist jedoch, dass die Welt in der Finsternis verblieb, also das Lebenslicht nicht annahm, d. h. zu Jesus nicht kam und folglich das „ewige“ Leben nicht empfing.
Die Welt verschmäht die Herrlichkeit Gottes und liebt stattdessen ihre eigene „Herrlichkeit“.
Die Herrlichkeit des Bösen nimmt der Kosmos hingegen an :Joh. 5,43:.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.