24.04.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{15} Jesus wandelt auf dem Meer (Joh. 6,16-21)
stiegen in das Schiff und fuhren über das Meer nach Kapernaum. Und es war schon finster geworden, und Jesus war noch nicht zu ihnen gekommen. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 6,17 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Offensichtlich hatten Petrus und die anderen Jünger damals noch nicht begriffen, dass es neben Jesus und seinen Reden des „ewigen“ Lebens keinen „Ort“ gab, wohin man weggehend kommen konnte, denn sie stiegen zum „Meer“ hinab und nahmen in einem Schiff Platz, um alleine, ohne den Herrn, nach Kapernaum zu gelangen.
Der Umstand, dass sie sich von Jesus entfernten, gleicht dem Geschehen, als ihn viele seiner Jünger verließen, d. h. von ihm wegkamen und nicht mehr mit ihm wandeln wollten, weil sie es nicht ertragen konnten, dass niemand zu Jesus kommen konnte, ohne dass dies vom Vater gegeben wurde.
In seiner Liebe stellt der Sohn jedem seiner Nachfolger frei, wegzugehen. Die „Freiheit“ des eigenen Willens darf ausgetestet werden.
(Siehe hierzu auch die diesbezügliche Parallele des Weggehens der Jünger zum Fischfang in Joh. 21,3.)
Als solche die das wesenhafte Licht Gottes verließen, nahm sie die Finsternis auf dem See Genezareth vollständig in Besitz. Die Jünger wurden „umnachtet“.
Der Herr, das Licht der Welt, war noch nicht zu ihnen gekommen, sodass sie die Dunkelheit der Nacht und das Grauen des tobenden Sees umfingen, denn Jesus war von ihnen weggehend dorthin hinaufgestiegen, wo er bereits früher gewesen war, nämlich in einen „jenseitigen“ Bereich :Joh. 6,13+14+62:.
Tiefer gesehen geht es hierbei um den Himmel, wo der Herr verherrlicht wurde und deshalb den Geist des Vaters hinabzusenden vermochte. Aber noch war der Geist nicht da.
Analog hierzu befanden sich die beiden Jünger des Täufers Johannes noch in der Finsternis der Welt, als Jesus zu ihm kam.
Sie waren noch nicht zu seinem die himmlische Stadt darstellenden Aufenthalt gekommen, hatten den Herrn noch nicht als das Himmelslicht der Welt erkannt, also die von oben kommende Geisttaufe Jesu noch nicht empfangen.
Ebenso hatte der königliche Beamte, dessen Sohn in Kapernaum (!) im Sterben lag, noch nicht zum Glauben an Jesus gefunden.
Bislang umfing die Finsternis des Todes seinen Knappen. Der Vater war noch nicht zu seinem Sohn hinabgestiegen.
Analog hierzu drohte der Ehebrecherin die Steinigung durch die Vertreter des Gesetzes. Jesus hatte noch nicht standgenommen, um sie davor zu retten, das Todesurteil ihrer religiösen Ankläger zu erleiden.
Dementsprechend kamen die pseudofrommen Feinde Gottes mit „Scheinenden“ und „Glänzenden“ zum Garten Gethsemane hinaus, sodass über den Jüngern Jesu die Finsternis des Todesschattens hing. Bislang war Jesus nicht zu ihnen hinausgekommen, um sich stellvertretend für seine Schafe zu opfern. Noch herrschte die „Hoch-zeit“ der Dunkelheit vor. Die gottlose Nacht regierte.
Zu Joh. 6,16+17a, siehe Joh. 6,21b.
Zu Joh. 6,17b, siehe Joh. 6,21a.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.