10.07.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{22} Der Unglaube der obersten Priester und Pharisäer (Joh. 7,45-53)
Aber dieser Pöbel, der das Gesetz nicht kennt, der ist unter dem Fluch! (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 7,49 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Das, was im Alten Bund die Kenntnis des Gesetzes war, ist im Neuen Bund das Bleiben im Wort Jesu.
Es geht dabei um eine Vertiefung der Bindung zum Bündnispartner, d. h. darum, konstant treu zu ihm zu sein.
Hierin zeigt sich, ob man ein wahrer Jünger des Moses bzw. des Herrn Jesus ist, ein Kenner des versklavenden Gesetzes bzw. jemand, der die von der Sünde befreiende Wahrheit liebt.
Jesus überführte die die Wahrheit ablehnenden Diener des Gesetzes ausgerechnet durch ihr eigenes Gesetz, wodurch er zeigte, dass er das Gesetz besser kannte, als sie selbst.
Ironischerweise waren es also die ungläubigen, d. h. solche aus der Menge, die Jesus ablehnten, die das Gesetz nicht kannten, sodass die von der religiösen Elite in Joh. 7,49 ausgesprochene Verwünschung in Wirklichkeit deren eigenes „Volk“ traf und nicht die Christen, d. h. das „Volk“ Jesu.
Denn auch die Gläubigen des Herrn kannten das mosaische Gesetz. Das Argument der Pseudogeistlichen war also unsinnig. Es zeugt von der Verblendung dieser hochmütigen Menschen.
Die Gesetzischen stammten nicht aus Gott und hörten deshalb die von Jesus gesprochenen Reden des Vaters nicht.
Für sie waren sie die Worte eines dämonisch Besessenen, was der Verwünschung der Gläubigen Jesu gleicht.
Für die die Wahrheit Gottes ablehnenden Söhne der Fälschung waren Jesus und seine wirklichen Jünger unreine Verführte und Verführer.
Ironischerweise bezichtigten die Söhne Satans die Söhne Gottes, diabolisch zu sein.
Zur Fälschung gehört also zwangsläufig die Geringschätzung und Ablehnung der Wahrheit, denn das Licht Gottes entlarvt die Fälschung als das, was sie ist.
Der verbale Angriff der „frommen“ Gottlosen war also ein von ihrem geistlichen Unvermögen zeugender Selbstschutz. Die religiös-„geistliche“ Eitelkeit der „studierten Theologen“ entlarvt ihren tatsächlich unwahren und unfähigen Zustand.
Auch der richterliche Aspekt des Gesetzes wurde von seinen Vertretern nicht nach dessen Forderungen umgesetzt, denn Nikodemus wies das Synedrium darauf hin, dass man nach dem Gesetz zuerst das Tun Jesu ermitteln musste, bevor man über ihn ein rechtgültiges Urteil fällen konnte.
Dementsprechend wurde der Anklagepunkt, Jesus mache sich zum Sohn Gottes von ihm dadurch entkräftet, dass es selbst nach dem Gesetz Menschen gibt, die „Götter“ geheißen werden, nämlich die Hörer des Wortes Gottes.
Der Herr schlug die Kosmischen in ihrer eigenen Domäne. Sie waren es, die das Gesetz nicht kannten.
Die von ihnen verwünschte Menge begriff hingegen weit mehr als nur das irdische Gesetz; sie hörte und erblickte das Himmlische Gottes.
Die Taten Jesu sind die idealen Werke des Gott-Vaters, sodass es diesbezüglich keine Verurteilung durch die Gesetzischen geben konnte, denn der Sohn Gottes war nicht gekommen, um das Gesetz zu beseitigen, sondern es am Kreuz von Golgatha in jeder Hinsicht zu erfüllen.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.