Da richtete sich Jesus auf und sprach zu ihr: Weib, wo sind deine Ankläger? Hat dich niemand verdammt? (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 8,10 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Wie der Joh. 8,10 betreffende strukturelle Kontext zeigt, entspricht das missglückte Vorhaben, die Ehebrecherin zu steinigen bzw. Jesus anhand ihres Beispiels zu überführen und ihn ebenfalls in den Tod zu geben dem Umstand, dass auch andere Versuche der Ungläubigen scheiterten, Jesus festzunehmen.
Die Rettung der Ehebrecherin vor der Verdammnis gleicht dem Umstand, dass die sich in Seenot befindenden Jünger Jesu das sichere Land, also den „Heil-land“, erreichten.
Der Sturm der Satanischen (d. h. Anklägerischen) verstummte.
Joh. 8,4 [D3] <Joh. 8,7*> Joh. 8,10 [D3]
[Joh. 8,4 und sagen zu ihm: Lehrer, dieses Weib ist im Ehebruch, auf der Tat selbst, ergriffen worden.] (3)
[Joh. 8,10 Als aber Jesus sich aufrichtete [und außer dem Weibe niemand sah], sprach er zu ihr: Weib, wo sind jene, [deine Verkläger]? Hat niemand dich verurteilt?] (3)
Die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten in Joh. 8,3+4 die sündige Frau zu Jesus und berichteten ihm, dass sie auf frischer Tat im Ehebruch ergriffen wurde.
Nachdem Jesus die Jerusalemer Geistlichkeit durch seine rhetorische Aufforderung in Joh. 8,7 davon überführt hatte, die eigentlichen Sünder zu sein, ließen sie die Ehebrecherin allein mit dem Herrn, sodass Jesus sie danach fragte, wo ihre Ankläger sind und ob sie niemand verurteilt hat :Joh. 8,10:.
Das Hinzukommen der Verkläger und ihre Anprangerung spiegelt sich also in ihrem Verschwinden und der Feststellung Jesu wider, dass ihre gegen die Frau geführte Anklage offenbar zurückgezogen wurde.
Die große Wende des Geschehens, das spiegelgleiche Zentrum der Ereignisse, ist darin zu sehen, dass Jesus aufstand und die Schriftgelehrten und Pharisäer dazu aufforderte, den ersten Stein auf die Frau nur dann zu werfen, wenn bei ihnen selbst keine Sünde zu finden ist.
Hierbei spiegelt sich das die Ehebrecherin betreffende satanische (= anklägerische) Sprechen der Pseudogeistlichkeit zu Jesus :Joh. 8,4: im Gnadensprechen Jesu wider, als er sich erneut aufrichtete und sah, dass sich die Ankläger der Sünderin von der Jerusalemer Weihestätte entfernt hatten.
Dass sich Jesus in Joh. 8,10 erneut aufrichtete, ist ein verbaler Hinweis auf den gemeinsamen D-Punkt von Joh. 8,4*Joh. 8,10.
In Joh. 8,7 richtete sich der Herr gegen die unreinen Ankläger der Frau auf und um sie vor ihnen, aber auch vor ihrer eigenen Sünde, zu retten.
In Joh. 8,10 richtete sich Jesus auf, um die faktische Entkräftung der Anklage und Rettung der Frau zu konstatieren. Er richtete sich für die Geheiligte auf, um ihr den Freispruch zu verkünden.
Die Anklageerhebung gegen die Frau und die Befreiung davon haben das Sprechen Jesu in Joh. 8,7 zum Zentrum, d. h. die von ihm gestellte Bedingung für die Berechtigung, das Gericht an der Hure auszuüben.
Der „große Verteidiger“ (Jesus), derjenige, der zur Rettung der Sünder in die Welt kam, trug den faktischen Sieg über die Leibesglieder des „großen Anklägers“ (Teufel) davon.
Golgatha, der rechtliche Sieg Jesu über Satan und seine Auferstehung als das Lamm Gottes, und der 1265. Tag nach Punkt „Mitternacht“, der faktische Sieg über den anklägerischen Feind, sind inhaltlich eng miteinander verknüpft.
In beiden Fällen ist der Triumph über Satan mit dem Aufstehen des Christus und seinem Sprechen verbunden.
Das Wort Jesu überführt das Wort des satanischen Babylon-Jerusalem, eine ungerechte, im sprichwörtlichen Sinn „pharisäische“ Anklage zu sein :Joh. 16,8-11:.
Joh. 8,1-11 ist im besten Sinne des Begriffs tragisch-komisch:
Für die Sünderin ist das Geschehen eine klassische Komödie. Nach einer kritisch-erlösenden Wende der Ereignisse wurde die Frau aus ihrer Tiefe und Not geborgen und von Jesus in die Höhe eines sittlich reinen Neuanfangs versetzt :Joh. 8,11:, während die „fromme“, anklägerische Pseudogeistlichkeit aus der Höhe ihrer vermeintlichen Heiligkeit in die Tiefe einer öffentlich offenbarten Schande hinabstürzte.
Der Wendpunkt dieser pharisäischen Tragödie ist derselbe wie der in der die Erlösten des Christus betreffenden Komödie: Golgatha.
Unsere persönliche Einstellung zu dem, was auf Golgatha geschah und zur Auferstehung des Herrn entscheidet darüber, an welchem Teil der Tragikomödie der Schöpfung wir Anteil haben.
Sind wir Ankläger oder solche, die auf der Basis Golgathas den Sieg über alles Satanische konstatieren und die Welt zur Gnade Jesu führen?
Welches Sprechen haben wir?
Führt es in den Tod oder in das Leben?
Weinen oder lachen wir?
Haben wir den vollkommenen Sieg Gottes in unserem Herzen verinnerlicht? Haben wir ihn nicht nur gepachtet, sondern gehört er uns?
Gehören wir dem, der sich für uns aufrichtet? Dann wird uns niemand verurteilen können.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.