28.08.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{24} Jesus, das Licht der Welt (Joh. 8,12-30)
Diese Worte redete Jesus bei dem Gotteskasten, als er im Tempel lehrte; und niemand griff ihn, denn seine Stunde war noch nicht gekommen. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 8,20 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Dass niemand Jesus wegen seiner am Schatzhaus gesprochenen Reden festnahm, entspricht dem Umstand, dass der Herr in der Weihestätte freimütig sprach und seiner Lehre mit keinem einzigen Argument widersprochen werden konnte.
Die Verhaftung Jesu wäre nämlich nur dann möglich gewesen, wenn es hierfür einen konkreten Grund gegeben hätte. Da ihm jedoch keine falsche Lehre nachgewiesen werden konnte, war es auch nicht möglich, ihn festzunehmen.
Außerdem erhob deshalb kein einziger Mensch die Hand in seine Richtung, weil die Stunde Jesu noch nicht gekommen war.
Die Forderung der Schriftgelehrten und Pharisäer, Jesus möge das die Hure betreffende mosaische Gesetz kommentieren, war ein Versuch, dem Herrn ein falsches Wort zu entlocken, um ihn festnehmen zu können.
Der Umstand, dass sie die Sünderin nicht verdammen konnten, war demnach ein Sieg des Herrn über ihre List, denn dies bedeutete, dass sie unfähig waren, Jesus zu verhaften.
Dessen Sieg beruhte auf seinem machtvollen Wort, dem die Satanischen nichts entgegenzusetzen vermochten.
Zu Joh. 19b+20, siehe Joh. 8,23+24.
Joh. 7,44-46 [D14-16] <Joh. 8,7*> Joh. 8,20 [D13]
Joh. 7,44 Einige aber aus ihnen sagten, dass sie ihn festnehmen* sollten, jedoch nicht e i n e r ´trieba die Hände, dass sie auf ihm.
Joh. 7,45 Daher ´kamen die Unterknechte* zu den Hohepriestern und Pharisäern, und jene sagten zu ihnen: Weshalb ´führtet ihr ihn nicht ab?
Joh. 7,46 Aber die Unterknechte antworteten: Niemals* sprach ein Mensch also, wie der dieser Mensch spricht. (14-16)
Joh. 8,20 Die diese Reden sprach er igebiets des Schatzgewahrsams, und nicht e i n e r nahm* ihn fest*, da seine d Stunde noch nicht gekommen war. (13)
Neben Joh. 7,51*Joh. 8,16, ist Joh. 7,44-46*Joh. 8,20 ein klarer Beweis dafür, dass Joh. 7,53-Joh. 8,11 zum Wort Gottes gehört.
Das vorliegende Verspaar hat die Unfähigkeit gemeinsam, den Herrn festzunehmen.
Auf beiden Seiten der D-Form wird betont, dass kein einziger Mensch seine Hände auf den Sohn Gottes legte, um ihn zu verhaften.
Außerdem wird auf beiden Seiten des Versvergleichs hervorgehoben, dass das Sprechen des Sohns unfassbar wertvoll und einzigartig ist.
Die Diener der Pharisäer erklärten, dass niemals „ein Mensch also sprach, wie der dieser Mensch“ :Joh. 7,46:, sodass sie ihn deshalb nicht festzunehmen wagten.
Das einzigartige und überaus wertvolle der Rede Jesu wird in Joh. 8,20 darin angedeutet, dass er am Schatzhaus der Jerusalemer Weihestätte lehrte. Auch hier, in diesem Kontext, heißt es, dass niemand den Herrn festnahm.
Da es das Schatzhaus Babylon-Jerusalems war, wird hier auch der starke Kontrast ihrer gesetzlichen „Schätze“ zum unfassbaren Reichtum der Rede Gottes angedeutet :Röm. 11,33:.
Eine Festnahme Jesu war deshalb nicht möglich, weil seine Stunde des Gerichts und der Verherrlichung noch nicht gekommen war :Joh. 8,20:.
Joh. 7,44-46*Joh. 8,20 zeigt jedoch, dass der äußere Grund dafür, dass Jesus nicht verhaftet wurde auch in Joh. 8,20 darin bestand, dass sein Sprechen unter den Menschen unvergleichbar war und es alle Zuhörer in Ehrfurcht und Staunen versetzte.
Die beiden Versuche, den Sohn Gottes zu verhaften, um ihn zu verurteilen und in den Tod zu geben :Joh. 7,44-46; Joh. 8,20; Joh. 7,1+20: haben den Bericht über die Vorführung der Ehebrecherin zum textlichen und inhaltlichen Zentrum :Joh. 8,1-11:.
In diesem Abschnitt wird geschildert, wie die Schriftgelehrten und Pharisäer Jesus auf die Probe stellten, um ihn anklagen und beseitigen zu können :Joh. 8,6:.
(Wenn Joh. 7,53-Joh. 8,11 aus dem Wort gestrichen wird, fällt Joh. 8,7, der essentielle Kern der Reden Jesu im Tempelbereich, weg :Joh. 7,28+37; Joh. 8,20:.)
Im „Herzstück“ dieser satanischen Aktionen, in Joh. 8,1-11, wurde die Jerusalemer Geistlichkeit selbst aktiv.
Die Gesetzischen entsandten keinen ihrer „Unterlinge“ zu Jesus, sondern trafen ihn persönlich. Babylon ging gegen den Herrn in einer sehr listigen und direkten Weise vor.
Es waren auch keine Vertreter der um den Herrn versammelten Menge, die ihre Stimme gegen Jesus erhoben :Joh. 7,40+44: oder ihn festzunehmen suchten :Joh. 8,20:, sondern die schlangenhaften Diener Satans, die den Herrn „frommerweise“ mit dem Titel „Rabbi“ ansprachen :Joh. 8,4:.
Dass kein einziger Jesus festnahm :Joh. 7,44-46; Joh. 8,20: entspricht im textlich-zentralen Geschehen dem Umstand, dass niemand aus der Jerusalemer Geistlichkeit in der Weihestätte bei ihm und der Sünderin blieb.
Mehr noch: kein Mensch hatte es gewagt, das mosaische Urteil an der Ehebrecherin zu vollziehen. Alle hatten den Ort verlassen :Joh. 8,9-11:. Alle außer Jesus waren Sünder. (Das „nicht einer“ in Joh. 7,44 und Joh. 8,20 entspricht also gewissermaßen dem „niemand“ in Joh. 8,11.)
Nun kann man auch verstehen, warum in Joh. 7,44-46*Joh. 8,20 das Sprechen des Herrn der Grund dafür ist, warum die List der Satanischen missglückte, denn das Zentrum seiner Reden auf dem Tempelberg befindet sich in Joh. 8,7.
Hier richtete sich Jesus auf, um in einer nie zuvor gehörten Art und Weise die Gnadenrede des Gott-Vaters zu sprechen :Joh. 3,34:, mit der er die Ankläger überführte und ihnen wegen ihres Vorwurfs den Mund stopfte.
(Dieses Aufstehen Jesu in Joh. 8,7 hat möglicherweise mit seinem Standnehmen in Joh. 7,37 zu tun.)
Es erklärt sich auch die etwas umständliche Bemerkung in Joh. 7,44, dass nicht einer aus der Menge der gesetzlichen Juden „die Hände trieb, dass sie auf ihm“.
(Diese Formulierung kommt auch in Joh. 7,30 vor.)
Die Begriffe „treiben“ (epibalo) und „werfen“ (balo) haben im Hellenischen denselben Wortstamm, sodass die Unfähigkeit zu werfen in Joh. 8,7ff. und das Scheitern, die Hände in Richtung auf Jesus zu treiben (an ihn Hand anzulegen) in Joh. 7,44-46 letztlich dasselbe meinen, denn die Pseudogeistlichkeit versuchte durch das Gericht an der Sünderin die Festnahme Jesus zu erreichen.
Hierfür hätten die Gesetzischen jedoch zuerst Steine in die Hände nehmen und diese Steine durch die Luft „treiben“ (= werfen) müssen, damit sie auf der Ehebrecherin „sind“.
(Das Ziel in Joh. 7,44 war, dass die Hände der Gesetzischen auf Jesus sind, um ihn festzunehmen.)
Folglich konnte Jesus auch im Zentrum des Geschehens, in Joh. 8,1-11, nicht festgenommen werden.
In seiner überaus großen Weisheit unterband er das satanische Treiben des Durcheinanderwerfers (Diabolos) und seiner babylonischen Lakaien.
Joh. 7,44-46 und Joh. 8,20 sind untereinander und mit Joh. 8,7 dermaßen inhaltlich verknüpft, dass eine Weglassung von Joh. 7,53-Joh. 8,11 einem Missgriff gleichkommt.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.