25.09.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{26} Die Heilung eines Blindgeborenen (Joh. 9,1-41)
Sie sprachen wiederum zu ihm: Was hat er mit dir gemacht? Wie tat er dir die Augen auf? (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 9,26 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Joh. 6,52 [D79] <Joh. 8,7*> Joh. 9,26 [D78]
Joh. 6,52 Daher zankten die Juden zueinander hin, indem sie sagten: Wie daher vermag uns dieser, sein d Fleisch zu ´essen zu ´geben? (79)
Joh. 9,26 Sie sagten zu ihm: Was tat er° dir, wie öffnete er deine d Augen? (78)
Die Frage nach dem „Wie“ der Heilstat Jesu ist das verbindende Element in Joh. 6,52*Joh. 9,26.
Jesus erklärte, sein Fleisch sei das den Menschen gegebene Himmelsbrot des Vaters, das das bleibende „ewige“ Leben hervorbringt.
Dieses geistgefüllte Lebensbrot wurde für alle, die an Jesus glauben „essbar“ gemacht, als sich der Sohn Gottes auf Golgatha richten ließ.
Die Frage nach dem „Wie“ des Gebens des Fleisches Jesu lässt sich also leicht beantworten:
Der Herr gibt sein Lebenswort, diesen Anteil seines Leibes, solchen, die sein Opfer auf Golgatha für sich persönlich in Anspruch nehmen.
Das „Wie“ ist das Abschneiden des Fleisches Jesu (von Seele und Geist), sodass sein Opfer von allen „gegessen“ werden kann.
Wäre der Herr den Weg an den Schandpfahl nicht gegangen, dann hätte er nicht als das vom Gott-Vater hinabsteigende Himmelsbrot von den Menschen verinnerlicht werden können. Er wäre „ungeteilt“ für sich allein geblieben :Joh. 12,24:, seine Mission als derjenige, der vom Vater geschickt wurde, wäre nicht erfüllt worden.
Auf Golgatha flossen Blut und Wasser aus dem Leib Jesu :Joh. 19,34:.
Da der Herr in Joh. 6,53 dem Essen seines Fleisches das Trinken seines Blutes an die Seite stellt, lässt sich daraus schließen, dass das aus seinem Leib strömende Lebenswasser des heiligen Geistes in ihm (dem Himmelsbrot) enthalten ist und durch die An- und Aufnahme des Fleisches / Brotes Jesu, d. h. durch die Verinnerlichung des Wortes Gottes, sprich durch die Vereinigung mit Jesus selbst, im Gläubigen das ewige Leben vermittelt wird.
Die Unkenntnis der Juden darüber, wie das Fleisch des Christus gegeben wird :Joh. 6,52: spiegelt sich in Joh. 9,26 darin wider, dass die Pharisäer nicht begriffen, wie Jesus die Augen des Blindgeborenen geöffnet hatte.
In Joh. 9 fällt auf, dass sehr hartnäckig nach diesem „Wie“ gefragt wurde. Zuerst waren es die Nachbarn des einst Blinden und solche, die ihn zuvor gesehen hatten, die sich nach diesem „Wie“ erkundigten :Joh. 9,10:, dann fragten ihn die Pharisäer nochmals danach :Joh. 9,15:. Auch seinen Eltern wurde diese Frage gestellt :Joh. 9,19:. Schließlich wurde der von Jesus Geheilte diesbezüglich erneut von den Pharisäern zur Rede gestellt :Joh. 9,26:, sodass er es sich nicht verkneifen konnte, darauf hinzuweisen, dass er ihnen die Frage nach dem „Wie“ seiner Heilung bereits beantwortet hatte :Joh. 9,27:.
Der vorliegende Versvergleich zeigt, dass die Antwort auf diese Frage der Antwort auf die Frage wie das Fleisch Jesu gegeben werden kann entspricht. Mehr noch, sie muss dieselbe Antwort sein.
Hieraus ergibt sich, dass das Nehmen der Reinigungswasser aus dem „Entsandter“ genannten Teich (Siloah) dem Essen des Fleisches Jesu gleicht.
Der Entsandte Gottes (Jesus) macht durch sein Opfer diejenigen sehend, die zu ihm kommen. Er salbt ihre Augen mit seinem Geist und gibt ihnen das „ewige“ Leben.
Die Frage „Was tat er dir“ in Joh. 9,26 zielt also darauf ab, dass der am Schandpfahl in jeder Beziehung zum Täter gemachte Gesandte Gottes uns durch sein Opfer die Herzensaugen öffnet, uns „hinauf-blickfähig“ macht, indem er sich uns selbst gibt.
Der Glaube an diese Tatsache resultiert aus dem richtigen Hören des sie bezeugenden Wortes :Joh. 9,27:.
Die Annahme bzw. Verweigerung des Wortes Jesu entscheidet über Leben und Tod.
Das Lebensbrot des Entsandten, er selbst in Person, ist der Prüfstein des Anstoßes.
Eben diese Konfrontation, die Gegnerschaft zum Lebenswort, ist das Thema im textlichen Zentrum des vorliegenden Versvergleichs :Joh. 8,1-11:.
Die persönliche Stellung zum Wort Jesu, das richtige Hören und die Bejahung der von ihm gegebene Antwort auf das „Wie“ der Belebung der Welt entscheiden darüber, ob man ein wirklicher Jünger Jesu ist :Joh. 8,31:.
Wir kennen das „Wie“.
Wir lieben das in den Kosmos scheinende Licht Gottes, das auf den Pfahl Golgathas hinaufgesetzt wurde.
Die finstere „Welt“ zankt über die Beantwortung dieser Frage :Joh. 6,52: oder sie trivialisiert und diskreditiert das „Wie“.
Durch penetrantes Nachfragen versucht der Jerusalem-Kosmos einen Fehler in den Antworten derer nachzuweisen, die geistlich sehen können oder kleine Abweichungen zu finden, die als Beweis dafür dienen sollen, dass die Befragten lügen.
Für den Ungläubigen ist Golgatha ein anstoßerregendes Mysterium. Alle Eingeweihten dieses Geheimnisses werden von der pseudogeistlichen Finsternis abgrundtief gehasst.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.