25.09.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{26} Die Heilung eines Blindgeborenen (Joh. 9,1-41)
Wäre dieser nicht von Gott, so könnte er nichts tun! (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 9,33 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Dass Jesus keine einzige Sache hätte tun können, wenn er nicht von Gott gekommen wäre, entspricht der Tatsache, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hat und er von Gott herausgekommen ist und zu Gott weggeht.
Zu diesem Tun des Sohnes gehört sein Sprechen nach der Lehre des Vaters. Es war nicht sein eigenes Wort, das Jesus verkündete, sondern das Wort Gottes.
Es gab keinen einzigen Moment, in dem der Herr von sich aus sprach, denn dies würde bedeuten, dass er doch eine Sache getan hätte, die mit dem Willen des ihn sendenden Vaters nicht übereinstimmt.
„Nicht eine Sache“ und „alles“ bilden den inhaltlichen Chiasmus in Joh. 9,33*Joh. 13,3.
Die Formulierung „seitens Gottes“ („von Gott“) wird als „aus Gott herauskommend“ näher erklärt, was weitaus mehr bedeutet, als dass sich der Sohn ursprünglich im Bereich Gottes befand, denn hier geht es um die Wesenseinheit Jesu mit dem Vater, d. h. um seine Gottheit, also um den Grund für die Befähigung und Autorität des Herrn.
Joh. 9,8-12*Joh. 9,26-34 ist laut dem Chiasmus in Joh. 9,1-41 gemeinsam, dass der einst Blinde danach gefragt wurde, wie ihm die Augen geöffnet wurden :Joh. 9,10+26:.
Das Unwissen der Juden darüber, ob es sich bei dem Sehenden tatsächlich um den handelte, der einst am Weg saß :Joh. 9,8+9:, spiegelt sich möglicherweise darin gegen, dass die Jerusalemer Geistlichkeit nicht wusste, woher Jesus kam :Joh. 9,29+30:. (Der einst Blinde sah nicht, wo Jesus war :Joh. 9,12:.)
Der jeweilige Kontext von Joh. 9,8-12*Joh. 9,26-34 zeigt, dass der blind haltende (irdische) Lehmbrei ein Kennzeichen der mosaischen Jünger ist :Joh. 9,6+11+28+29:, wohingegen die (himmlischen) Wasser des sehen machenden Entsandten („Siloah-Jesus“) für dessen Jünger bestimmt sind :Joh. 9,7+11+28:.
Joh. 6,46 [D85] <Joh. 8,7*> Joh. 9,33 [D85]
Joh. 6,46 Nicht geschah's, dass den Vater jemand gesehen hat, sondern nur der seitens des Vaters Seiende, dieser hat den Gott gesehen. (85)
Joh. 9,33 wenn dieser nicht seitens Gottes wäre, hätte er nicht vermocht, das zu tun, ja nicht e i n e s. (85)
Die Autorität des Wortes Jesu rührt daher, dass er aus, von und durch den Vater ist.
Weil er Gott gesehen hat :Joh. 6,46:, kann er ihn für diejenigen herleiten, die seine Reden als das Sprechen des Vaters annehmen :Joh. 1,18; Joh. 6,45:.
In Joh. 9,33, dem spiegelgleichen Gegenüber von Joh. 6,46, kommt diese Herrlichkeit Jesu ebenfalls darin zum Ausdruck, dass der Herr aus Gott sein muss, ansonsten hätte er den Blindgeborenen nicht sehend machen können.
Der göttliche und himmlische Ursprung Jesu wird also in seinem Wort gesehen. Er und seine Gemeinde stammen aus Gott und können deshalb den Vater sehen. Gott wird im Sohn wahrgenommen.
Als ein Sehender :Joh. 6,46: kann Jesus andere ebenfalls sehend machen :Joh. 9,33:, da er von Gott entsandt wurde.
Als derjenige, der einzig keine Sünde hat :Joh. 9,24+31:, ist es allein Jesus möglich, die nicht sündlosen Ankläger der Sünderin davon abzuhalten, die Frau zu richten :Joh. 8,7:.
Dies kann Jesus nur, weil er der aus Gott stammende Geschickte des Vaters ist. Sein göttlicher Ursprung stellt den Grund für seine Wortautorität in Joh. 8,7 dar.
Ebenso wie in Joh. 8,1-11, geht es in Joh. 9 um das Thema Sünde und um die Fähigkeit, geistlich zu sehen, d. h. Christus als den von Gott entsandten Retter der Welt anzunehmen.
Die Beantwortung dieser Fragen ist damit verknüpft, ob man erkennt, dass Jesus von Gott stammt, d. h. aus dem himmlischen Vater ist und deshalb kein Geschöpf sein kann.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.