Start > Themen > 17. Die große Babylon und ihr Bräutigam > 17g Woher der Antichristus nicht kommt und wer er nicht ist (Teil 3)
Einige Bibelausleger führen Dan. 9,26 an, um zu zeigen, dass der Antichristus ein Bürger eines neu gebildeten „Römischen Reichs“, also der EU oder eines späteren europäischen Staatenbundes sein wird, denn hier heißt es, dass das Volk dieses kommenden Herzogs (hebr. „nagid“) Jerusalem und das sich in dieser Stadt befindende Heiligtum beseitigen wird.
Die falsche Logik dieser Ansicht lautet folgendermaßen:
Weil es das römische Volk war, dass 70 n.Chr. den Jerusalemer Tempel zerstörte und von diesem Volk geschrieben steht, dass es das Volk des kommenden Fürsten ist und dieser Machthaber der Antichristus ist, muss Letzterer ein „Römer“ sein, also aus dem Bereich der heutigen EU stammen.
In seinem Buch „False Christ“ zeigt C. White hingegen, dass der kommende Herzog in Dan. 9,26 kein anderer als der Römische Heerführer, Sohn des Imperators Vespasian und späterer Kaiser Titus sein kann.
Zu beachten ist, dass die DaBhaR-Übersetzung dieses Verses falsch ist, denn nicht Jerusalem und der Tempel beseitigen den Fürsten und dessen Volk, sondern das Gegenteil ist der Fall: die Stadt und das Heiligtum werden durch die Landsleute des Heerführers zerstört.
Dan. 9,26 (DÜ)
Und nach den zweiundsechzig Siebenern wird der Gesalbte abgeschnitten, und keines ist ihm. Und die Stadt und das Heilige, sie wird das Volk des kommenden Herzogs verderben, und sein Enden ist in Überspülung; und bis zum Enden sind Streit, Beschlossenwordenes, Ödewerdende.
Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass es nicht der Römer Titus gewesen war, der den Tempel zerstörte, sondern sein Volk.
Das prophetische Wort aus Dan. 9,26 betont nämlich den Umstand, dass das Volk des Herzogs die Stadt und das Heilige verderben wird, was sehr ungewöhnlich ist, denn normalerweise werden kriegerische Tätigkeiten dem Anführer einer Armee zugeschrieben.
Diese biblische Prophetie erfüllte sich aber exakt, denn Titus wollte das Heiligtum Gottes unbedingt erhalten, um es in einen römischen Götzentempel umzufunktionieren.
In Dan. 9,26 geht es also nicht um einen Hinweis auf die Nationalität des kommenden Fürsten, sondern hier wird angekündigt, was dessen Volk unter Missachtung seiner Befehle tun wird.
Als Titus nämlich erfuhr, dass der Tempel in Brand gesteckt worden war, versuchte er alles, um das Feuer zu ersticken, wie uns der Geschichtsschreiber und Augenzeuge des Geschehens Flavius Josephus berichtet.
Der Hass der Römer auf die Juden war jedoch dermaßen groß, dass niemand Titus gehorchte. Ungeachtet seiner Anordnung massakrierte sein Volk in einem Blutrausch 1,1 Millionen Menschen und legte den jüdischen Tempel in Trümmern, worin es das prophetische Wort Jesu aus Mt. 24,2 und Lk. 23,28 erfüllte. (EÜ)
Mt. 24,2
Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Seht ihr nicht dies alles? Wahrlich, ich sage euch: Hier wird nicht ein Stein auf dem anderen gelassen werden, der nicht abgebrochen werden wird. -
Lk. 23,28
Jesus wandte sich aber zu ihnen und sprach: Töchter Jerusalems, weint nicht über mich, sondern weint über euch selbst und über eure Kinder!
Aus der zeitlichen Perspektive Daniels musste zuerst der gesalbte „Herzog“ aus Dan. 9,25 erscheinen und „abgeschnitten“ werden :Dan. 9,26: (hierbei handelt es sich um den Kreuzestod Jesu), bevor ein anderer Herzog aufkommen würde, dessen Volk Jerusalem und den Tempel zerstören würde, nämlich der Römer Titus.
Der Begriff „kommend“ in Dan. 9,26 bezieht sich also auf eine, im Vergleich zum Tod des wahrhaften jüdischen Messias Jesus Christus, spätere Zukunft.
Die Bezeichnung „Herzog“ (nagid) für Titus ist erstaunlich zutreffend, denn er war damals noch nicht Kaiser, sondern lediglich der Sohn des Imperators Vespasian, also ein Fürst.
(Der gesalbte „Herzog“ aus Dan. 9,25 ist indessen ebenfalls der Sohn eines Herrschers, nämlich der Sohn Gottes.)
Das „er“ am vermeintlich nahtlosen Übergang von Dan. 9,26 zu Dan. 9,27 scheint der hier vertretenen Sichtweise zu widersprechen, denn in Vers 27 geht es offensichtlich um den Antichristus, der in Israel einen neuzeitlichen Bund konsolidieren wird, sodass der Fürst aus Vers 26 der gegenwärtig noch kommende Antichristus sein muss, also nicht Titus sein kann.
Präteristen versuchen dieses Problem so zu umgehen, dass sie das „er“ in Dan. 9,27 auf den Gesalbten beziehen, der in Vers 26 erwähnt wird (also auf Jesus), was aber grammatikalisch und theologisch unmöglich ist.
C. White erklärt in seinem Buch „False Christ“, dass im Hebräischen nur ein einziger grammatikalischer Fall existiert, worauf das „er“ in Vers 27 bezogen werden kann, der aber leider überhaupt keinen Sinn ergibt, nämlich das in Vers 26 erwähnte Volk des kommenden Herzogs.
Durch dieses logische Ausschlussverfahren kommt der Autor auf den allein verbleibenden plausiblen Schluss, dass sich das besagte „er“ überhaupt nicht auf den Text davor bezieht, sondern „aus dem Nichts auftaucht“ und ausschließlich den endzeitlichen Antichristus meint, dessen Volk nicht das römische Volk sein muss, weil er nicht mit Titus identisch ist. Der Antichristus muss kein „Römer“ sein und er ist es auch nicht.
Zwischen den 69 Jahrwochen und der 70. Jahrwoche aus Dan. 9 liegt eine zeitliche Kluft von etwa 2000 Jahren.
Sie beginnt mit der Zerstörung des 2. Jerusalemer Tempels und endet mit der Neuerrichtung des Tempels der großen Hure Babylon-Jerusalem, in den sich der Antichristus setzen wird, um sich dort als Gott anbeten zu lassen :2.Thes. 2,4:.
Diese zeitliche Kluft ist gemäß C. White der Grund dafür, warum das „er“ in Dan. 9,27 „aus dem Nichts kommt“, also keinen Bezug zum Geschehen hat, das zwar textlich unmittelbar davor beschrieben wird, aber zeitlich sehr lange zurückliegt.
Die einzigen drei Textstellen in der Bibel, nach denen der Antichristus ein „Römer“, also Europäer, sein muss (Dan. 2,40-49, Dan. 7,7-28 und Dan. 9,26) können diese These also nicht belegen.
(Siehe hierzu auch den Abschnitt „Rom ist nicht die Stadt Babylon des Antichristus“ im vorliegenden Kapitel.)
Die jüdische Identität des Sohnes Satans ist hermeneutisch weitaus einleuchtender, als seine europide Abstammung.
J. Richardson und andere Vertreter der These eines islamischen Antichristus ziehen Bibelstellen aus den Büchern Jesaja und Micha heran, um eine ethnische Herkunft des Tieres aus Assyrien (also dem heutigen Irak und Teilen Syriens) zu belegen und damit ihre Sicht eines muslimischen Sohns Satans zu bestätigen.
C. White zeigt jedoch in seinem Buch „False Christ“, dass im gesamten Buch Jesaja keine einzige Bibelstelle existiert, nach welcher der wahre Christus einen assyrischen Messias besiegt.
Den angeblichen Beweis einer solchen Herkunft des Antichristus mithilfe von Mi. 5,5 widerlegt C. White ebenfalls treffsicher logisch.
Die Anhänger der Idee eines „assyrischen“ Antichristus leiten diese Vorstellung davon ab, dass in Jesaja und Micha mehrfach von einem „Assyrer“ geschrieben steht, der Israel bedrängt.
Mit „Assyrer“ ist hier der König Sanherib (Sin-ahhe-eriba) gemeint, der Sohn und Nachfolger Sargons II.
Wie im Kapitel „17f Die 7 Häupter des Tieres als Regentschaften und Regenten“ gezeigt (siehe hierzu die tabellarische Übersicht), war Sanherib (705-681 v. Chr.) sehr wahrscheinlich das 2. Haupt des 7-köpfigen antigöttlichen Gesamttieres aus Offb. 13,1, sodass dieser Lästerer und Schmäher Jahwes und aller Götter der Völker ebenso wie der Hellene Antiochus Epiphanes durchaus ein prophetisches Bild des Antichristus sein kann.
Es geht jedoch eindeutig zu weit, aus diesem Umstand eine assyrische (also irakische) Herkunft des Tieres abzuleiten, denn ansonsten könnte man auch behaupten, der Antichristus sei ein Ägypter, Babylonier, Perser, Grieche, Römer oder Österreicher oder Deutscher, da ihn der Pharao Tutimaeus, Nebukadnezar, Haman, Antiochus IV., Nero und Hitler darstellen.
Nur weil der Assyrer Sanherib einer der biblischen Typen des Antichristus ist, bedeutet dies nicht, dass Letzterer ein Iraker oder Muslim sein muss. Der Glaube und die Herkunft des falschen Messias lassen sich dadurch nicht herleiten.
Gemäß C. White enthält das Buch Jesaja viele Prophetien für die nahe Zukunft der Zeitgenossen Jesajas, aber auch Vorhersagen für die fernere Zukunft und Ereignisse der gegenwärtigen Endzeit.
Die Schwierigkeit bei der Exegese liegt darin, diese Arten der Prophetie zu unterscheiden und nichts für die Zeit Jesu oder unsere Zukunft hineinzulesen, das sich bereits früher erfüllt hat und unmöglich nochmals geschehen kann, weil der Kontext der Bibelstellen nicht zum Geschehen in ferner Zukunft passt.
Jesajas Zeugnis der Beseitigung des „Assyrers“ durch den Messias und der Umstand, dass dieser Sieg bislang nicht geschehen sei, beweise, so J. Richardson, dass wir es hier mit Endzeitprophetie zu tun haben.
Fakt ist aber, dass nicht eine einzige Bibelstelle existiert, in der Jesaja solches behauptet.
In Jes. 7,14-20 steht vom Immanuel-Zeichen Gottes geschrieben, einer Prophetie der Geburt Jesu. Dies und die kontextuelle Ankündigung des Gerichtes und der Verschleppung des Nordreichs Israel durch die Assyrer scheint Jesus inhaltlich mit dem „Assyrer“ (also angeblich dem assyrischen Antichristus) zu verknüpfen.
Das Immanuel-Zeichen des von einer Jungfrau geborenen Kindes war aber zur Zeit Jesajas eine Ankündigung des Gerichts an Israel und nicht der Rettung des Volks vor dem „Assyrer“ und schon gar nicht ein prophetischer Hinweis auf die Bewahrung Israels durch den Messias.
In erster Linie ging es bei ihm um ein Kind, das in den Tagen des Propheten geboren werden sollte.
Jes. 7,16+17 und Jes. 8,4 zeigen, dass der König Assyriens über Israel kommen würde, noch bevor dieses Kleinkind ethisch entscheidungsfähig sein würde, sodass es sich bei dem Jungen nicht um Jesus handeln kann und Jes. 7 die damals nahe Zukunft Israels betreffen muss. (EÜ)
Jes. 7,16
Denn ehe der Junge weiß, das Böse zu verwerfen und das Gute zu wählen, wird das Land verlassen sein, vor dessen beiden Königen dir graut.
Jes. 7,17
Der HERR wird über dich, über dein Volk und über das Haus deines Vaters Tage kommen lassen, wie sie nicht gekommen sind seit dem Tag, an dem Ephraim sich von Juda getrennt hat: den König von Assur.
Jes. 8,4
Denn ehe der Junge zu rufen versteht: „Mein Vater!“ und: „Meine Mutter!“, wird man den Reichtum von Damaskus und die Beute von Samaria vor dem König von Assur hertragen.
In Jes. 7 steht nirgends geschrieben, dass das neugeborene Kind den „Assyrer“ besiegt. Im Gegenteil:
Der Junge ist das prophetische Zeichen der unabwendbaren militärischen Niederlage Israels durch das assyrische Heer.
Allein die jungfräuliche Geburt dieses Kindes ist eine auf Jesus hinweisende Prophetie :Mt. 1,23:. (Ähnlicher Weise kann nur Hos. 11,1 auf ihn bezogen werden :Mt. 2,14+15:, nicht aber Hos. 11,2, denn Vers 2 gehört zum zeitnahen Kontext des Propheten.)
Gott gab Israel das Immanuel-Zeichen als eine Verheißung eines zukünftigen messianischen Israel, das von den (assyrischen) Feinden nicht mehr eingenommen werden kann.
Es war ein Zuspruch des Trostes angesichts des damals unmittelbar anstehenden unvermeidlichen Gerichts an seinem Volk.
Gemäß J. Richardson belegt Jes. 9,1-7, dass Jesus Israel vor dem „Assyrer“ retten wird, denn hier ist von der kommenden Regentschaft des Messias die Rede.
Fakt ist aber, dass in dieser Textstelle weder der „Assyrer“ noch „Assyrien“ erwähnt werden.
Für J. Richardson reicht jedoch allein die textliche Nähe von Jes. 9 zu Jes. 8 aus, um als ein Beweis dafür zu dienen, dass der Antichristus ein Assyrer sein muss, da Jesus den „Assyrer“ aus Kapitel 8 „offenbar“ besiegen wird.
Eine solche Interpretation stellt aber eine Eisegese, also eine Hineindeutung der unbiblischen Ansicht J. Richardsons in den Text dar.
Gemäß C. White führte es zu hanebüchenen Ergebnissen, würde man Textnähe als einen logischen Nachweis für biblisch unbelegte Zusammenhänge gelten lassen, denn dann könnte man anhand des Buches Jesaja gleicherweise „beweisen“, dass der Antichristus ein Babylonier oder Ägypter sei.
Der Wechsel von Warnungen und Verheißungen Gottes ist im Buch Jesaja ein sehr häufiges Motiv und er belegt keinen zwingend logischen direkten kausalen Zusammenhang der aufeinanderfolgenden Abschnitte.
J. Richardson sieht das Gericht Gottes am Assyrier Sanherib :Jes. 37,36-38:, nachdem dieser als ein Werkzeug der Gottesstrafe an Israel gedient hatte, als unzureichend an.
Richardsons Meinung nach, muss es beim endzeitlichen „Assyrer“, d. h. beim Antichristus, noch vollständig umgesetzt werden.
Diese Annahme ist aber falsch, denn 185 000 assyrische Soldaten kamen um (707 v.Chr.), Sanherib wurde ermordet (681 v.Chr.), Ninive wurde zerstört (612 v.Chr.) und das Assyrische Reich ging schließlich unter (609 v.Chr.).(Siehe auch Jer. 50,18.)
Der Antichristus muss kein „Assyrer“ sein, damit an ihm irgendwelche einen „Assyrer“ betreffenden prophetischen Gerichtsankündigungen erfüllt werden, zumal sie bereits bei Sanherib verwirklicht wurden.
Gemäß Jes. 14,25 sollte nicht der König Assyriens von Gott zerbrochen werden, wie J. Richardson missinterpretiert, sondern das assyrische Joch über Israel (kein anderes oder späteres), sodass Richardsons Annahme, der Messias müsse den „Assyrer“ (also angeblich einen assyrischen Antichristus) noch besiegen, an den Haaren herbeigezogen ist.
In Hes. 31,3-7, so White, stünde vom Gericht an Assyrien in der Vergangenheitsform geschrieben. Es sei also bereits erfolgt und habe keine wie auch immer geartete endzeitliche Fortsetzung oder Doppelerfüllung.
Etwas schwieriger zu widerlegen ist J. Richardsons Argument, Mi. 5,5 beweise, dass Christus den „Assyrer“ besiegen werde, denn hier steht das Millennium Gottes tatsächlich mit einem Triumph Jesu in Zusammenhang.
Allerdings geht es in Mi. 5,4+5 nicht um den „Assyrer“, sondern um das assyrische Volk, das während der Zeit des Millenniums nicht dazu fähig sein wird, Israel zu gefährden.
Dieser Text ist also eine Vertröstung Israels auf eine spätere Zeit der messianischen Regentschaft. Er ist eine Botschaft der Hoffnung und hat nichts mit der Beseitigung des Antichristus zu tun.
Letztere erfolgt nämlich biblisch ganz klar vor Beginn des Millenniums und kann schon allein deshalb in Mi. 5,4+5 nicht gemeint sein.
Während des Tausendjahrreichs Gottes kann der Antichristus deshalb nicht gegen Israel tätig sein, da er sich in dieser Zeit im Feuersee befindet, wo er auch nach dem Millennium bleiben wird, wie aus Offb. 20,1-10 und Offb. 19,20 hervorgeht.
Fazit:
Es kann nicht belegt werden, dass der Antichristus eine assyrischer Herkunft und einen muslimischen Glauben besitzt.
Die jüdische Identität des Sohnes Satans ist hermeneutisch weitaus einleuchtender und biblisch solider, als diese aus der Luft gegriffene eisegetische These.
>>> Einleitung
>>> 17a Das Wesen der Offenbarung
>>> 17b Die Bezeichnung der Stadt Babylon als eine Hure
>>> 17d Die rote Farbe des Tieres, auf dem Babylon sitzt
>>> 17e Die 7 Berge, auf denen Babylon sitzt
>>> 17f Die 7 Häupter des Tieres als Regentschaften und Regenten
>>> 17g Woher der Antichristus nicht kommt und wer er nicht ist
>>> 17h Die Identifizierung des Tieres als der jüdische Messias
>>> 17j Die Zeit vor und nach dem Millennium
>>> 17k Die Kaufleute Babylons und ihre Waren
>>> 17l Der auf die Stirn der Hure geschriebene geheime Name
>>> 17n Babylon-Jerusalem ist die große Stadt
>>> 17o Die Regentschaft Babylons
>>> 17p Babylons Leugnung ihrer Witwenschaft
>>> 17q Das aus Babylon herausgehende Volk Gottes
>>> 17r Das Babylon treffende Feuergericht
>>> 17s Die irdische Stadt Jerusalem und ihr Gegenbild, das neue Jerusalem